Ein Erbsenzähler wird Manager des Jahres

Hart, aber erfolgreich: Manfred Wennemer hat aus dem siechen Gummi-Riesen Conti einen Weltmarktführer geformt

Hannover taz ■ Kassengestell, uneitel, sein Dienstwagen: ein vier Jahre alter Passat. Manfred Wennemer könnte auch als Sparkassendirektor durchgehen. Jetzt ist der 57-Jährige vom Manager-Magazin zum „Manager des Jahres“ gewählt worden – und damit auch zum Prototyp dessen, was Wirtschaftsbosse in Deutschland verkörpern sollen. Als „vaterlandslose Gesellen“ hatte Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) Manager bezeichnet, die eine perfekte Infrastruktur von Deutschland verlangen, aber zum Steuersparen Standorte ins Ausland verlagern. Genau dafür steht der Diplom-Mathematiker. Damit haben selbst unternehmernahe Kreise Probleme: Als der Conti-Chef ankündigte, die Reifenproduktion habe langfristig in Deutschland keine Perspektive mehr, rüffelte Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff das „Schlechtreden des Standorts Deutschland“.

Als Wennemer vor drei Jahren den Thron bestieg, fuhr Conti noch 250 Millionen Euro Miese ein. 2004 erwartet die wieder in den Dax aufgestiegene Firma einen Gewinn von einer Milliarde. Der Aktienkurs verdreifachte sich, Wennemer reduzierte die Schulden, durch Zukäufe auch von Autozulieferern stieg die Zahl der Mitarbeiter auf weltweit 73.000 an 100 Standorten. Wenn die Übernahme des Hamburger Gummispezialisten Phoenix (9.700 Jobs) Ende des Jahres über die Bühne ist, wird Conti Weltmarktführer sein.

Nicht nur bei Phoenix zittern die Mitarbeiter. Ein Werk in den USA machte er sogar dicht. „Kapitalist pur“, „kennt keine Grautöne“, „ein Digitalmensch“, sagen Arbeitnehmervertreter, um im gleichen Atemzug zu gestehen: „Der Erfolg gibt ihm Recht.“

Gerne würde der „Erbsenzähler“ die 45-Stunden-Woche einführen. Gerade wurde die Arbeitszeit im Werk in Hannover um eine Stunde auf 38,5 erhöht. Investitionszusagen gibt Wennemer am liebsten gegen Lohnzugeständnisse. Allein 250 Millionen Euro sollen so in die Werke in Malaysia und Brasilien investiert werden, Hannover kommt nur auf 20 Millionen Euro. Dennoch – und auch das ist ein Erfolg – produzieren hier etwa 700 Mitarbeiter durch Einsparungen in der Produktion und bei den Löhnen inzwischen genauso kostengünstig LKW-Reifen wie in Tschechien.

Nicht alles gelang ihm: Als Wennemer dekretierte, Mitarbeiter dürften keine Flachbildschirme mehr anschaffen, bestellten die Leute einfach die richtig teuren Laptops. Kai Schöneberg