Weltweites Recht auf genug Nahrung

UN-Organisation verabschiedet Richtlinien gegen Hunger. Trotz Freiwilligkeit sehen Experten das als Durchbruch

ROM taz ■ In rund 150 Staaten wird Nahrung zum Menschenrecht. Zumindest sehen das die Richtlinien der UNO-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO, die auf der gestern in Rom eröffneten Ratstagung verabschiedet werden sollen. Diese Richtlinien sind dann erfüllt, wenn „alle Menschen zu jeder Zeit physischen und wirtschaftlichen Zugang zu angemessener, gesundheitlich unbedenklicher und nährstoffreicher Nahrung haben“.

Im Zentrum steht nicht die Frage der ausreichenden Produktion: Die FAO selbst konstatiert, heute könne ausreichende Nahrung für 12 Milliarden Menschen bereitgestellt werden. Zugleich aber muss die FAO auch feststellen, dass das Ziel des Welternährungsgipfels von 1996 – Halbierung der Zahl der weltweit Hungernden bis zum Jahr 2015 – bisher nicht einmal im Ansatz erreicht ist. Die letzten verfügbaren Zahlen aus den Jahren 1999–2001 sprechen von einem weiteren Anstieg seit diesem Beschluss: Etwa 840 Millionen Menschen leiden danach an Hunger, 800 Millionen in den Entwicklungsländern, aber auch 10 Millionen in den reichen Industriestaaten und 34 Millionen in den Transformationsländern des früheren Ostblocks.

Die jetzt verabschiedeten FAO-Leitlinien geben den Staaten einen detaillierten Rahmen vor. Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, Maßnahmen zur wirtschaftlichen Entwicklung und Strategien der Ernährungssicherung tauchen darin ebenso auf wie die Frage nach einem leistungsfähigen Marktsystem und rechtlichen Rahmenstrukturen bis zum Schutz der Artenvielfalt und der Nachhaltigkeit. Leitgedanke ist dabei die Notwendigkeit, jedem Menschen die Möglichkeit zu garantieren, mit eigener Arbeit seine Ernährung zu sichern oder aber Zugang zu sozialstaatlichen Sicherungssystemen zu haben. Rechtlich verbindlich sind die Leitlinien allerdings nicht: Sie stellen eine freiwillige Selbstverpflichtung der Staaten dar, in der sich auch die seit Jahrzehnten nicht eingehaltene Vorgabe an die reichen Länder findet, 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Entwicklungshilfe auszugeben. Dennoch sehen Hilfsorganisationen die Richtlinien als grundsätzlichen Erfolg. Nun existiere ein Maßstab, an dem sich Regierungen messen lassen müssten, erklären „Brot für die Welt“ und die „Welthungerhilfe.

„Das menschenrechtliche Instrumentarium ist geschärft“, sagte Rolf Künnemann, Generalsekretär der Menschenrechtsorganisation Fian International der taz. Auch wenn er sich an vielen Stellen eine deutlichere Sprache innerhalb des Dokuments gewünscht hätte, sei das Papier ein Durchbruch. Es liege nun an den einzelnen Staaten, wie damit umgegangen wird.

MICHAEL BRAUN