Ganz Dahlem wird geschlossen

Stiftung Preußischer Kulturbesitz will Museen in Dahlem vollständig aufgeben und das Gelände an die FU abtreten. Auch die Gemäldegalerie am Kulturforum wird dichtgemacht und soll auf die Museumsinsel. Grüne: „Sehr waghalsig“

Klaus-Dieter Lehmann und Peter Klaus Schuster – Ersterer Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK), Letzterer Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin – sind gefürchtete Gesprächspartner, gelten beide und besonders Schuster doch als unberechenbar. Gestern durften das die Mitglieder des Kulturausschusses im Abgeordnetenhaus erleben, wo Lehmann und Schuster zu den Plänen der Berliner Museumslandschaft Auskunft gaben. Und der Auftritt hatte es natürlich in sich: Fast alles, so Lehmann, soll anders werden.

Nach Ansicht von Lehmann ist das langjährige Konzept der dezentralen Museumslandschaft in Berlin nicht mehr zukunftsfähig. Darum plane die Stiftung, Dahlem als Museumsstandort „ganz aufzugeben“. Denn die Dahlemer Museumsbauten an der innerstädtischen Peripherie befänden sich in einer ungünstigen Lage, die beispielsweise von Touristen und Reiseveranstaltern nur noch sehr schwer angenommen werde, sagte Schuster.

Zudem sei der Zustand der Häuser für die vier Sammlungen außereuropäischer Kunst zum Teil sanierungsbedürftig. Investitionen hätten deshalb kaum Sinn – zumal sich die Kuratoren der Dahlemer Abteilungen selbst neue Standorte und Ausstellungshäuser wünschten.

In Dahlem befinden sich als Folge der Teilung der Stadt die Sammlungen des Ethnologischen Museums, des Museums für Ostasiatische Kunst sowie für Indische Kunst. Abgerundet wird das Standortprofil seit 1999 durch die Neugründung des Museums Europäischer Kulturen.

Gleichzeitig bekräftigten Lehmann und Schuster den Wunsch der SPK, die außereuropäischen Sammlungen am Schlossplatz im wieder aufgebauten Stadtschloss auszustellen. Über die Nachnutzung der Dahlemer Gebäude hat sich die SPK auch schon Gedanken gemacht. Dahlem müsse weiter als „Universitätsstandort ausgebaut“, die heutigen Museumsgebäude könnten später von der Freien Universität (FU) genutzt werden, so Schuster.

Auch die Gemäldegalerie am Kulturforum soll nach den Plänen der Stiftung verschwinden. Die Alten Meister, erst Mitte der 1990er-Jahre dorthin gezogen, müssten komplett auf die Museumsinsel umziehen, sagte Peter Klaus Schuster. Das Kulturforum könne dafür als „Standort der Kunst des 20. Jahrhunderts“ profiliert werden. Neben den eigenen Beständen neuerer Kunst von Künstlern wie Kirchner, Picasso, Klee, Feininger, Dix und Kokoschka in der Neuen Nationalgalerie ziele man mit dem neu aufgelegten Metropolen-Stiftungsprogramm auf Sonderausstellungen à la MoMA.

Die Gemäldegalerie mit Werken von Rubens und Tizian, Vermeer, Rembrandt und Dürer dagegen soll nach Meinung der beiden Museumschefs auf die Museumsinsel. Während Kultursenator Thomas Flierl (PDS) „keinen Dissens“ mit den Schließungsabsichten der SPK-Gewaltigen verspürt, bezeichnete die kulturpolitische Sprecherin der Grünen, Alice Ströver, die Umzugspläne als „waghalsig“. „Angesichts des unklaren Nutzungskonzepts für den Schlossplatz ist die Aussage, Dahlem zu schließen, fahrlässig“, so Ströver zur taz. Außerdem sei die Absicht, in die maroden Museen nicht mehr zu investieren, keine gute Lösung. Die CDU begrüßte dagegen die Standortperspektive für die Dahlemer Sammlungen in Mitte und am Schlossplatz.

Der Vorstoß Lehmanns und Schusters ist umso erstaunlicher, haben beide doch ungelöste Probleme mit Baustellen. So hatte erst am vergangenen Mittwoch der Bundesrechnungshof die 1,5 Milliarden Euro teure Sanierung der Museumsinsel kritisiert und Einsparungen beim Neubauprogramm gefordert.

ROLF LAUTENSCHLÄGER