Miese Noten für Kindergärten

Schlecht ausgebildete ErzieherInnen und kaum Forschung: Deutschland ist von internationalen Standards weit entfernt, zeigt die „Kindergarten-Pisa“-Studie

BERLIN taz ■ Nach den deutschen Schulen bekommen es jetzt auch die hiesigen Kindergärten schwarz auf weiß: Deutschland ist von internationalen Standards der frühkindlichen Pädagogik weit entfernt. Das zeigt eine Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die der taz vorliegt. Der Tenor: Der Bildung der Allerkleinsten werde in Deutschland noch immer viel zu wenig Bedeutung beigemessen. Die in Fachkreisen „Kindergarten-Pisa“ genannte Studie wird offiziell im Dezember vorgestellt. Deutschland ist das 19. Land, das von der OECD begutachtet wird.

Die Bundesrepublik gibt im internationalen Vergleich zu wenig Geld für die frühkindliche Bildung aus: Es sind gerade mal 0,42 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, kritisiert die OECD. Die Ausbildung der ErzieherInnen sei schlecht. Deutschland ist neben Österreich das einzige Land in Westeuropa, in denen ErzieherInnen noch immer Fachschulen besuchen. Andernorts müssen sie ein Hochschulstudium absolvieren. Wäre das hier auch der Fall, so die Befürchtung hierzulande, müssten sie auch besser bezahlt werden. Die OECD fordert jetzt eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen.

Die Qualitätsanforderungen der Bundesländer und Kommunen an die Einrichtungen, so die Experten weiter, seien häufig „anspruchslos“. In der Tat achten sie bislang eher auf die richtige Toilettenhöhe als auf pädagogische Konzepte. Zudem fehle Forschung zum Thema. In Deutschland gebe es mehr Professuren für japanische Sprache als für frühkindliche Bildung.

Kritisiert wird auch, dass ein Drittel aller Kinder aus niedrigen Einkommensschichten überhaupt nicht in den Kindergarten gehe – darunter viele Migrantenkinder. Dabei sei häufig gerade für sie die frühe Förderung notwendig. „Radikal ausgebaut“ werden müsse – in den alten Bundesländern – auch das Angebot für Kinder unter drei Jahre. Hier gibt es lediglich für 2,7 Prozent der Kinder einen Platz. Nach einer Empfehlung der EU sollen es 33 Prozent im Jahr 2010 sein. In den neuen Bundesländern – zumindest das lobt die OECD – liegt der Schnitt bereits bei 37 Prozent.

SABINE AM ORDE

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