Iran ist optimistisch, EU ist empört

Der Gouverneursrat der Internationalen Atomenergiebehörde streitet auf seiner Tagung um eine vom Iran beantragte Ausnahmegenehmigung für Urananreicherung „zu Forschungszwecken“. EU-Vertreter empfinden das als „Hintertür“

Iran befürchteteine Einschränkungder Souveränitätdes Landes

VON BAHMAN NIROUMAND

Der Gouverneursrat der Internationalen Atombehörde (IAEA) beschäftigt sich seit Donnerstag auf seiner Tagung in Wien mit dem Konflikt um das iranische Atomprogramm. Zur Debatte steht eine von den drei EU-Staaten, Deutschland, Frankreich, Großbritannien vorgelegte Resolution, in der Iran aufgefordert wird, die Anreicherung von Uran und alle damit verbundenen Aktivitäten auszusetzen und sein Atomprogramm vollständig offen zu legen.

Die Resolution basiert auf einer Vereinbarung, die nach langen, zähen Verhandlungen Mitte November zwischen Iran und den drei EU-Staaten zustande gekommen war. Iran hatte sich bereit erklärt, sein Programm zur Urananreicherung auszusetzen und Inspekteuren der IAEA den freien Zugang zu den Atomanlagen zu gewähren. Im Gegenzug hatten sich die EU-Staaten verpflichtet, sich dafür einzusetzen, dass Irans Akte nicht an den UN-Sicherheitsrat weitergeleitet wird.

Ferner sollten die Verhandlungen über ein umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen zwischen der EU und Iran wieder aufgenommen werden. Schließlich verpflichteten sich die EU-Staaten, Iran die erforderliche Technologie zu friedlicher Nutzung der Atomenergie zur Verfügung zu stellen.

Tatsächlich stoppte Iran am 22. November im Beisein von IAEA-Inspekteuren die Urananreicherung. „Ich denke, so ziemlich alles ist zu einem Stillstand gekommen“ sagte IAEA-Chef Mohammed al-Baradei. Auch in seinem Bericht zu Beginn der Tagung des Gouverneursrats erklärte er, seine Behörde habe bisher nichts feststellen können, was auf den Bau von Atomwaffen im Iran deuten würde, fügte jedoch hinzu, es gebe aber immer noch viel zu tun, um mit Sicherheit sagen zu können, dass das Land kein geheimes Atomprogramm unterhalte.

Doch drei Tage vor Beginn der IAEA-Tagung bat die Regierung in Teheran überraschend die Atombehörde um Erlaubnis, dutzende Gaszentrifugen zur Urananreicherung „zu Forschungszwecken“ in Betrieb halten zu dürfen. Irans Delegierter Hossein Musawian erklärte vor Journalisten in Wien, er sei optimistisch, dass die EU und Iran sich über die Ausnahmeregelung einigen würden.

Demgegenüber bezeichneten Vertreter der EU diese Forderung als „empörend“ und „inakzeptabel“. „Ich bin nicht überrascht, dass Iran sich da eine Hintertür offen halten will“, sagte ein westlicher Diplomat.

Doch abgesehen von diesem Streitpunkt, konnte auch über die Resolution selbst bislang keine Einigung erzielt werden. Irans Präsident Mohammed Chatami bezeichnete sie als „nicht gut“ und forderte ausdrücklich eine Änderung des Wortlauts. Auch der Vorsitzende des nationalen Sicherheitsrats, Allaeddin Borudscherdi, sagte, Iran lasse sich von den Europäern nicht das Recht auf Urananreicherung nehmen.

Irans Protest wendet sich aber auch gegen die Forderung der Resolution nach einer Öffnung „aller“, auch militärischer Anlagen für IAEO-Inspektionen. Dies würde nach Auffassung der iranischen Staatsführung einer Einschränkung der Souveränität des Landes gleichkommen und den USA und anderen Staaten den Zugang zu militärischen Geheimnissen öffnen.

Auch die US-Regierung hat den Wortlaut der Resolution kritisiert. Sie ist nach wie vor davon überzeugt, Iran habe ein geheimes Programm zur Herstellung von Nuklearwaffen und möchte deshalb den Weg offen halten, gegebenenfalls im UN-Sicherheitsrat über Sanktionen gegen den Iran beschließen zu lassen.