Keine Mehrheit für Gentech-Pflanzen

Fachgremium der Europäischen Union im Patt: Weil es für den Anbau von sechs Gentech-Pflanzen weder Zustimmung noch Ablehnung gab, muss nun der Ministerrat entscheiden. Die EU-Kommission droht mit einer Klage gegen Anbauverbote

VON WOLFGANG LÖHR

Die EU-Kommission ist gestern mit ihrem Ansinnen gescheitert, neue Gentech-Pflanzen auf den europäischen Markt zu drücken. Dazu standen gleich zwei Vorlagen der Kommission im EU-Fachausschuss Gentechnik zur Abstimmung an. Beide Forderungen erhielten in dem von den Mitgliedsstaaten gestellten Ausschuss jedoch nicht die erforderliche Stimmenmehrheit.

Jetzt muss der Ministerrat über das weitere Schicksal der sechs Gentech-Sorten entscheiden. Gescheitert ist die Kommission damit erst einmal, eine Anbaugenehmigung für eine vom Biotechkonzern Monsanto entwickelte Maissorte – MON 863 – absegnen zu lassen. Mit der anderen Vorlage wollte die Kommission die Ermächtigung erhalten, gegen fünf Mitgliedsstaaten – unter anderem Deutschland – vorgehen zu dürfen, die nationale Anbauverbote für insgesamt fünf Gentech-Sorten ausgesprochen hatten.

Während sich der deutsche Vertreter im Ausschuss bei der Abstimmung über den Monsanto-Mais für eine Zulassung aussprach, votierte er bei der Aufhebung der nationalen Anbauverbote gegen die Kommission. Sowohl das deutsche Verbraucherministerium als auch das zuständige Gesundheitsministerium in Österreich hatten vorab schon angekündigt, dass sie bei ihrem Verbot bleiben werden. Beide Ministerien hatten gesundheitliche und ökologische Bedenken gegen die Pflanzen angeführt.

Bei den fünf Gentech-Pflanzen handelt es sich um zwei Raps- und drei Maissorten. Sie hatten bereits vor mehreren Jahren das EU-Genehmigungsverfahren erfolgreich durchlaufen. Österreich, Deutschland, Frankreich, Griechenland und Luxemburg verweigerten daraufhin jedoch die nationale Sortenzulassung, was praktisch einem Anbauverbot gleichkommt. Für die EU-Kommission sind die Anbauverbote längst hinfällig. Schließlich habe man jetzt verschärfte EU-Richtlinien, die sowohl Transparenz für Verbraucher als auch gesundheitliche Sicherheit gewährleisten, heißt es in der EU-Kommission. Zudem verstießen die nationalen Anbauverbote gegen das EU-Recht.

Wäre der Fachausschuss der Kommission gefolgt, hätten die fünf Staaten innerhalb von 20 Tagen die nationalen Verbote aufheben müssen. Andernfalls hätte die Kommission die Mitgliedstaaten beim Europäischen Gerichtshof verklagt.

Bedenklich ist, dass ein Teil der Gentech-Sorten nach dem derzeitigen EU-Recht vermutlich gar nicht mehr genehmigt werden dürfte. Sie enthalten Resistenzgene für medizinisch relevante Antibiotika, die nach der vor drei Jahren verabschiedeten EU-Freisetzungsrichtlinie nur noch für eine kurze Übergangszeit – bis Ende 2004 – akzeptabel sind.