Düsseldorfer zeichnet Comics für die Verfassung

Der Verfassungsschutz NRW plant, Jugendliche zwischen 14 und 18 mit Comic-Strips über Rechtsradikalismus zu informieren. Die Beamten liefern den Text, der Düsseldorfer Künstler Peter Schaaff soll zeichnen. Wie das aber genau aussehen soll, ist bislang noch streng geheim

Nein, reden ist ihre Sache nicht. Doch ab und zu sickert selbst bei den Verfassungsschützern etwas durch. Kürzlich erst wieder, als der Spiegel posaunte, die nordrhein-westfälischen Staatshüter wollten Jugendliche mit Comic-Strips vor der dumpfen Hetze rechter Hanseln warnen. Bekehrung durch Comics also, was unweigerlich an im Dienst ergraute Damen und Herren erinnert, die mit der linken Hand „Jesus rettet!“-Schilder umkrampfen und mit rechts sofortigen Glauben garantierendes Gekritzel verscherbeln.

Damit hat das Vorhaben des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes freilich nichts zu tun. Die Idee zu den Comics hatte Thomas Grumke, ein seriöser Politikwissenschaftler und Rechtsextremismus-Experte, der für die Düsseldorfer Behörde arbeitet. Grumke musste, so war zu vernehmen, lange boxen, bis seine Vorgesetzten von der Kampagne überzeugt waren. Bisher setzte man anstatt auf die Kunst als Medium lieber auf trockene Info-Broschüren. Schließlich fahndete man aber doch nach geeigneten Zeichnern, woraufhin sich diverse Cartoonisten bewarben. Ausgewählt wurde nun der Düsseldorfer Künstler Peter Schaaff, wegen seines an asiatische Manga-Comics angelehnten Stils. Ernannt wurde er von der Zielgruppe selbst, von Schülern, die sich aussuchen durften, von wem sie gerne aufgeklärt werden möchten. Schaaff zeichnet unter anderem für die deutsche Ausgabe von MAD und schwingt ansonsten den Bleistift für die Post, den Glimmstengel-Riesen Marlboro oder die Telekom. Nebenbei phantasiert er noch üppig bebrüstete Mädchen zu Papier, denen vermeintlich schlüpfrige Nebensätze aus den knallroten Schmollmündern lappen.

Aber jetzt ist Schluss mit der Postpubertät des 42-Jährigen. Es wird ernst für Schaaff, so ernst, dass es ihm glatt die Sprache verschlägt. Über sein neues Projekt, die Comics für Innenminister Fritz Behrens (SPD), will der Cartoonist noch nicht reden – „damit ich meinen Job nicht verliere“, sagt Schaaff unterwürfig. Für Information sei der „Auftraggeber“ in Düsseldorf zuständig. Der ist in Person Grumkes übrigens auch zuständig für die Inhalte der Strips, Schaaff ausschließlich für das Künstlerische. Das ist insofern beruhigend, wenn man sich der rhetorischen Auswürfe von Schaaffs üppig bebrüsteten Mädchen erinnert, denen – aber das hatten wir schon.

So lange die Comics aber nicht schwarz und bunt auf Papier stehen, wollte man sich in Düsseldorf erst mal einen rhetorischen Schlapphut aufsetzen und zum Thema so viel sagen wie ein Pfarrer über die eben abgenommene Beichte – nichts. Bis gestern, als Innenminister Behrens höchstselbst in der Berliner NRW-Landesvertretung sein Programm „Neue Wege gegen Rechtsextremismus“ vorstellte. Mit dem „Bildungscomic“ wolle man Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren erreichen, sagte Behrens. Auf diesem Wege sollten sie über die „Grundwerte unserer Demokratie“ informiert werden. Eine Idee, die den Rechten schon früher gekommen war – mit dem Unterschied, dass sich die Krachschläger einen Dreck um Grundwerte scheren. Dennoch wissen sie länger, wie man bei Jugendlichen Gehör findet, beispielsweise mit Musik. Unlängst ließen Rechtsradikale 50.000 Tonträger mit hetzerischem Liedgut pressen, um diese später dort zu vertreiben, wo Rechte am liebsten ihren Nachwuchs rekrutieren: auf Schulhöfen.

Wie sich Behrens, Grumke und Schaaff ihre Gegen-Offensive genau vorstellen, war allerdings nicht zu erfahren. Nur das noch: Die Comic-Strips sollten im Sommer kommenden Jahres fertig sein. Dann kommen sie aus dem Düsseldorfer Untergrund auf die Straßen und Schulhöfe. Bis dahin aber, psst, nicht weitersagen, ist alles streng geheim. BORIS R. ROSENKRANZ