Puppen gegen Biopatente

Nach jahrelangem Streit verabschiedete der Bundestag das Biopatentgesetz. Besonders umstritten: die so genannten Vorratspatente

VON WOLGANG LÖHR

Mit eindeutiger Mehrheit hat der Bundestag gestern das umstrittene Biopatentgesetz verabschiedet. Während vor dem Reichstag 30 Greenpeace-Aktivisten mit rund 50 in Eisblöcken eingefrorenen Babypuppen gegen „Patente auf Leben“ protestierten, verabschiedete innen das Parlament mit den Stimmen von Rot-Grün und der Union die neuen Patentregelungen für biotechnologische Erfindungen. Greenpeace forderte die Bundesregierung auf, sich in Brüssel für eine Änderung der europäischen Biopatentregelungen einzusetzen.

Eigentlich war das Gesetz schon lange überfällig. Bereits bis zum Jahr 2000 hätte die entsprechende EU-Richtlinie umgesetzt sein müssen. Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, die Patentierung von Tieren und Pflanzen sowie von Gensequenzen zu erlauben. Zwar ist das schon seit längerer Zeit Praxis bei den Patentämtern, doch bisher fehlte zumindest auf nationaler Ebene eine eindeutige gesetzliche Grundlage.

Umstritten ist vor allem der in der Richtlinie vorgesehene so genannte Stoffschutz auf Gene oder Gensequenzen. Er ermöglicht, dass Forscher oder Biotechunternehmen vom Patentamt praktisch ein Monopol auf ein Gen und sämtliche damit verbundenen gewerblichen Anwendungen bekommen. Beantragt zum Beispiel eine Firma ein Patent auf ein Gen, das Brustkrebs verursacht, sind durch den Stoffschutz auch alle noch unbekannten weiteren Funktionen des Gens abgedeckt. Sollte später ein anderer Forscher herausfinden, dass das gleiche Gen auch für andere Krebsarten verantwortlich ist, kann er dafür kein Patent einreichen. Alle Diagnostika oder auch Arzneimittel, die mit Hilfe dieses Genes entwickelt werden, dürfen nur von dem ersten Patentanmelder vermarktet werden.

Um derartige „Vorratspatente“ zu verhindern, sprachen sich unter anderem die Grünen gegen den Stoffschutz von Genen aus. Nur die im Patentantrag beschriebene Funktion sollte patentierbar sein, forderte der Fraktionsvize der Grünen Reinhard Loske. Er konnte sich damit in der von Rot-Grün und dem Justizministerium eingesetzten Arbeitsgruppe jedoch nicht durchsetzen. Auch der SPD-Abgeordnete Wolfgang Wodarg scheiterte mit einem entsprechenden Vorschlag in seiner Fraktion. Lediglich bei einem Punkt war Bundesjustizministerin Brigitte Zypries bereit einzulenken: Beim Stoffschutz für menschliche Gene. Dieser soll nur noch für die konkret im Patentantrag beschriebene Funktion gelten. Das aber auch nur bei Patenten, die vom Deutschen Patentamt vergeben werden. Über 90 Prozent der Biopatente werden vom Europäischen Patenamt vergeben.

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