Merkel macht sich Arbeitnehmer untertan

Der kaltgestellte oberste CDU-Arbeitnehmervertreter Hermann-Josef Arentz denkt über einen Rücktritt als Chef der CDU-Sozialausschüsse nach. Sein potenzieller Nachfolger gilt als Favorit von Parteichefin Angela Merkel

DÜSSELDORF taz ■ Hermann-Josef Arentz will tapfer sein. Bitter lächelnd trinkt er ein Glas Weißwein, telefoniert laut mit Nordrhein-Westfalens CDU-Oppositionschef Jürgen Rüttgers. Gerade ist der Chef der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) bei der angestrebten Wiederwahl ins CDU-Bundespräsidium mit katastrophalen 34 Prozent Jastimmen durchgefallen. Arentz denkt über seinen Rücktritt als Vorsitzender der CDU-Sozialausschüsse nach. „Aber es ist gut, nach einer solchen Erfahrung erst einmal zu schweigen“, sagt er.

Arentz, seit 1980 Mitglied des nordrhein-westfälischen Landtags, ist am Montagabend über eine Filzaffäre gestolpert. Seit 12 Jahren wird der Kölner auch von der Braunkohletochter des Energieriesen RWE als Angestellter geführt. Die frühere „Rheinische Braunkohlewerke Aktiengesellschaft Köln“ und jetzige „RWE Power“ zahle dem Sozialpolitiker jährlich 60.000 Euro, hatten Zeitungen zwei Tage vor Beginn des Düsseldorfer Parteitags berichtet. Arentz, der die Nebentätigkeit zwar ordnungsgemäß im Handbuch des Landtags veröffentlichte, Wirtschaftsbosse aber gern als egoistische „Nieten in Nadelstreifen“ beschreibt, hatte keine Chance. Gestern drohte ihm Rüttgers auch noch mit dem Verlust eines sicheren Listenplatzes für ein Landtagsmandat bei der Wahl in Nordrhein-Westfalen in acht Monaten. Arentz’ Scheitern schwächt die Sozialausschüsse entscheidend. Der angekündigte Widerstand der CDA gegen das von Angela Merkel geforderte Aufweichen des Kündigungsschutzes fiel aus.

Demonstrativ machte die CDU-Bundesvorsitzende keinen Versuch, Arentz zu stützen. Der hatte sich im Streit um die von Merkel favorisierte Kopfpauschale im Gesundheitswesen auf die Seite Seehofers geschlagen, war erst nach einem persönlichen Gespräch mit Merkel verstummt. Arentz’ potenzieller Nachfolger als Chef der Sozialausschüsse dagegen gilt als Mann Merkels. Seit längerem bemüht sich die Spitze der CDU-Bundestagsfraktion, den CDA-Vize Karl-Josef Laumann in die erste Reihe zu holen. Der gelernte Schlosser kommt als einer der wenigen christdemokratischen Bundestagsabgeordneten aus der Arbeiterschicht. Die CDU-Spitze preist den 47-jährigen Katholiken als „politisches Talent“. Der als Nachfolger des Wirtschaftsexperten Friedrich Merz mit 84 Prozent in das CDU-Bundespräsidium gewählte Vorsitzende des Arbeitsbereichs Wirtschaft und Arbeit versteht sich als Vermittler zwischen den Parteiflügeln. Auch die statt Arentz ins Präsidium gewählte Ursula von der Leyen gilt als Traumbesetzung Merkels: Als niedersächsische Sozialministerin ist die Tochter des Ex-CDU-Ministerpräsidenten Albrecht in die Parteidisziplin eingebunden. Mit Widerstand gegen die Sozialreformen dürfte die Mutter von sieben Kindern nicht auffallen.

Vertreter der CDA reagierten geschockt auf die Demontage ihres Vorsitzenden. Bis zuletzt hatten Arentz und seine Vertrauten geglaubt, er könne die Delegierten mit einer Entschuldigung besänftigen. „Ich habe einen Fehler gemacht, und den bereue ich“ – mehr war von dem CDA-Chef, der erst am Freitag mitgeteilt hatte, er lasse seine Arbeit für RWE und damit die Bezüge künftig „ruhen“, nicht zu hören. Auch der CDA-Hauptgeschäftsführer und CDU-Bundestagsabgeordnete Ralf Braucksiepe war gestern zu keiner Stellungnahme bereit: „Erst nach dem Parteitag.“

ANDREAS WYPUTTA