Überlebenshilfe für geknebelte Journalisten

Der weißrussische Journalistenverband Basch wird mit dem Sacharow-Preis des EU-Parlaments ausgezeichnet

BERLIN taz ■ „Unser größter Erfolg ist, dass wir bisher überlebt und noch die Möglichkeit haben, unabhängige Journalisten zu unterstützen“, sagt Eduard Melnikau, Vize-Vorsitzender des weißrussischen Journalistenverbandes (Basch). Jetzt kann die Organisation einen weiteren Erfolg verbuchen: Heute wird der Basch in Straßburg mit dem diesjährigen „Sacharow-Preis für geistige Freiheit“ ausgezeichnet. „Es ist gut, den Preis an eine Journalistenvereinigung zu vergeben, die für die von Präsident Alexander Lukaschenko erstickte Informationsfreiheit kämpft“, sagte Parlamentspräsident Josep Borrell.

Lukaschenkos Kampf gegen oppositionelle Medien ist seit seinem Machtantritt 1994 Programm. Dabei zieht das Regime alle Register: Journalisten werden in der Regel wegen Verleumdung und Beleidigung der Ehre und Würde des Präsidenten vor Gericht gezerrt. Der Chefredakteur einer Regionalzeitung im Grodnoer Gebiet wurde unlängst zu einer Strafe von 450 Euro verurteilt. Aus Protest gegen eine Schließung seines Blattes war er in einen Hungerstreik getreten und hatte das täglich auf einer Tafel in seinem Fenster dokumentiert. Dies erfülle den Tatbestand einer nicht genehmigten Kundgebung, führte das Gericht zur Begründung aus.

Wer nur zahlen muss, kommt noch glimpflich davon. So stecken Lukaschenko und seine Handlanger unbotmäßige Berichterstatter auch ins Arbeitslager oder lassen sie – wie im Fall des ORT-Kameramanns Dmitri Zavadsky – ganz verschwinden.

In den letzten anderthalb Jahren wurden rund 30 unabhängige Zeitungen vorübergehend oder ganz geschlossen. Dafür genügt ein unbegründeter Erlass des Informationsministeriums. Seit dem manipulierten Referendum vom vergangenen Oktober hat sich der Druck auf unabhängige Medien weiter verstärkt. Vorläufig letztes Opfer ist die Wochenzeitung Birscha Informatsii, die am 24. November für drei Monate geschlossen wurde.

Nicht zuletzt aus diesem Grund ist die Arbeit des Basch von großer Bedeutung. Die Organisation, die 1995 gegründet wurde, vertritt heute rund 1.000 Mitglieder – Tendenz steigend. Diese werden juristisch beraten und vertreten sowie journalistisch weitergebildet. Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit ist die Formulierung alternativer Pressegesetze. „Unserem Einfluss ist es zu verdanken, dass die Gesetze nicht noch weiter verschärft wurden“, glaubt Melnikau. Über die 50.000 Euro Preisgeld freut er sich, lebt der Basch doch normalerweise nur von Mitgliedsbeiträgen und Spenden. Ob das Geld wirklich in Minsk ankommt, ist fraglich. Denn alle ausländischen Zuwendungen laufen über die Verwaltung Lukaschenkos. BARBARA OERTEL