daumenkino
: „Ong Bak“

Möglich, dass dieser Film bald einigen Darstellern in Hollywood zu schaffen machen wird. Gehört heute vor allem die Magie der reinen Bewegung zum gepflegten Actionkino Amerikas, der majestätische Traum vom Fliegen durch Drahtseil- und Digitaltechnik – man denke an „Matrix“ und „Drei Engel für Charlie“ –, so könnte es sein, dass sich durch „Ong Bak“ die Martial-Arts-Mode ein Stück verschieben wird. Vielleicht wird dieser kleine, beeindruckende thailändische Debütfilm von Prachya Pinkaew daran mitschuldig sein, dass es auch im Mainstreamkino bald wieder mehr um reelle Körperlichkeit, knirschende Knochen und klatschendes Fleisch gehen wird.

Die Story ist irrelevant und flott erzählt. In einem kleinen thailändischen Dorf wird aus dem Tempel der Kopf der Buddhastatue gestohlen. Die Dorfgemeinschaft beauftragt den braven Ting (Tony Jaa), der von Mönchen in der Kunst des Thaiboxens unterrichtet wurde, mit der Wiederbeschaffung des heiligen Dings. Also reist Ting nach Bangkok, um den Dieb zu finden. Hier verstrickt sich Ting immer tiefer in die schlimme Welt von Kunstschieberei und Drogenhandel. Ein Kampf auf Leben und Tod kündigt sich an.

Ein Standardplot also – und er wird noch übertroffen durch Klischees vom guten Land und von der verruchten Stadt, vom Mafiaboss mit Kehlkopfkrebs und vom unschuldigen Kämpfer, der zum Kämpfen gezwungen werden muss. Bruce Lee lässt herzlich grüßen. All das erträgt man stoisch, denn die Strecken zwischen den Kampfszenen sind nicht lang. Und diese Kampfszenen sind es, die „Ong Bak“ unbedingt sehenswert machen und dem Zuschauer im Anschluss das angenehme Gefühl vermitteln, qua unverblümter Gewaltverherrlichung passiv gejoggt zu haben.

Was den Erkenntnisgewinn betrifft, lernt man vor allem eins: Thaiboxen ist eine brutale, aber sehr kontrollierte Kampfsportart. Die Boxer dürfen ihre Gegner nur mit Knien, Ellenbogen, Fäusten und Füßen traktieren. Dass dabei jede Figur ihren eigenen Namen hat, Tritte nur in den Rücken und Ellenbogenstöße nur auf den Kopf gehen dürfen, erzeugt schöne Akrobatik: hübsch anzusehen, wie der offensichtlich gelernte Thaiboxer Tony Jaa schwungvoll am Körper seines Gegenübers hoch klettert und ihm von oben mit beiden Ellbogen schier den Schädel spaltet.

Anders als im wirklichen Thaiboxen kommt es „Ong Bak“ zugute, dass hier nicht nur im Boxring gekämpft wird. Immer wieder muss Ting sich im unberechenbaren Alltag bewähren, im illegalen Schaukampf mit bärenstarken Amerikanern oder im Gerenne durch Bangkoks enge Gassen, über Nudelbuden hinweg und unter fahrenden Lkws hindurch. Hierbei verdient besondere Erwähnung, dass einige der spektakulärsten Stunts gleich zweimal hintereinander gezeigt werden. Man hätte sie auch ein drittes Mal genossen. SUSANNE MESSMER