SPÄTKAUF: GESCHENKTIPPS DER KULTURREDAKTION

Ein Hund

Einen Hund in der Stadt zu halten, sagt A., ist irrational. Allein der Schrecken, den das Tier arglosen Passanten einflöße, spreche eindeutig dagegen. Meine Argumente – etwa dass ein Haustier erwiesenermaßen die Abwehrkräfte fördere oder Büromenschen, die einen Hund besitzen, ihre verkrampften Glieder an der frischen Luft bewegten –, lässt A. nicht gelten. Und in der Tat, es ist nicht ratsam, ein Haustier zu verschenken. Kaum gräbt der süße Welpe erste Löcher in die Couchgarnitur, ist die Freude der Beschenkten dahin. Als ich einmal, an einem zweiten Weihnachtsfeiertag im sizilianischen Taormina, beobachtete, wie ein Fünfjähriger Glatthaarfoxterrierwelpen malträtierte, wusste ich: Das gilt es zu vermeiden – und es kann dank Aibo ERS-7 leicht vermieden werden. Aibo ERS-7 stammt aus dem Hause Sony, ist entweder schwarz oder weiß, misst 18 Zentimeter in der Breite, 27,8 in der Höhe und 31,9 in der Länge, und wo andere Hunde Augen haben, hat er Displays, die je nach seiner Stimmung die Farbe wechseln. Er erkennt das Gesicht und die Stimme seines Besitzers und hat auf seinem Kopf, auf seinem Rücken und unter seinem Kinn Sensoren, die, sobald eine Menschenhand sie berührt, den Schwanz zum Wedeln bringen. Seine Persönlichkeit, lässt der Hersteller wissen, „hängt von der Beziehung ab, die er zu Ihnen und seiner Umgebung aufbaut“. Der einzige Nachteil: der stattliche Preis – 1.999 Euro. CN

Aibo, über www.aibo-europe.com

Ein Pogo-Stick

Manche Geschenke kommen mit Verzögerung. Anfang der Siebzigerjahre wäre ich schier aus dem Häuschen gewesen, hätte es den „Flybar 1200“ zu kaufen gegeben. Aber damals waren leider orangefarbene Hüpfbälle in Mode, auf denen man ziemlich unbequem saß, ständig nach links oder rechts abrutschte und überhaupt wie ein Mops wirkte. Im Fernsehen sah man dagegen amerikanische Kinder, die auf Pogo-Sticks quietschvergnügt durch die Gegend sprangen, das machte einen noch missmutiger, wenn man wieder auf seinen blöden Hüpfball stieg, um damit ein paar Minuten lustlos vor dem Garagentor zu spielen. Dann waren die Pogo-Sticks plötzlich verschwunden, bis sich vor gut vier Jahren Andy Macdonald des Problems angenommen hat. Er ist einer der erfolgreichsten US-Skateboarder und verrückt nach Pogo-Sticks, die nicht nur springen, sondern fast schon fliegen. Gemeinsam mit der Firma SBI hat er diesen Sommer das Modell „Flybar 1200“ entwickelt, das ist die Sensation auf dem Hüpfmarkt. Das Gerät hat zwölf einzeln verstellbare Gummizüge, die so elastisch sind, dass sie jeweils 50 kg Zugkraft schaffen. Damit wird ein 75 Kilo schwerer Mensch zwei Meter in die Luft gehoben und mehrere Meter weit getragen, wenn er mit vollem Gewicht auf seinem Stab herumspringt. Natürlich ist das eine halsbrecherische Angelegenheit, die Übung und Geschick verlangt, wie alle Erfindungen von Skateboardern. Doch die Aussicht, einem Känguru gleich zwischen erstaunten Passanten hin und her zu hüpfen, ist traumhaft. HF

Flybar 1200, zirka 200 €, bei www.amazon.com ;

Eine Allgemeinbildung

„Was verdanken wir Euklid (um 300 v. Chr.)?“ Na ja, das ist vielleicht nicht so schwierig. Der griechische Mathematiker gilt als Begründer der klassischen Geometrie. Was aber verdanken wir der „Allgemeinbildung“? Nicht der, die wir so haben, im Alltag, sondern der, die der Compakt Verlag in München anbietet? Für schlanke 9,95 Euro? In dem diese Frage steht? Wir verdanken ihm die Erkenntnis, dass Euklids mathematisches Lehrbuch mit dem Titel „Elemente“ bis ins 19. Jahrhundert das meist verbreitete und meist übersetzte Werk neben der Bibel war. Danach muss etwas passiert sein. Auch darüber werden wir mit Sicherheit schlau gemacht, wenn wir das Buch aus München nur gewissenhaft genug durchackern. Sehr systematisch ist es nämlich nicht. Die Frage etwa, die vor der nach Euklid steht, heißt: Wodurch entsteht Karies? So entsteht er, der Zustand allgemeiner Verwirrung, der auch Allgemeinbildung heißt. Denn schließlich wissen wir nicht nur wie es zu Karies kommt, sondern auch wie die Haftung bei Kommanditgesellschaften geregelt ist. Bei Kontokorrent aber passen wir. Das können wir hier nachlesen. Als Weihnachtsgeschenk hat uns das Buch aber wegen den Pisa-Transfer-Übungen überzeugt. Aktueller kann man, zumindest in Deutschland, nicht schenken. Doch was ist Pisa? Dafür – Sie hätten darauf gewettet, nicht wahr? – gibt es keinen Eintrag. WBG

Ein Polohemd

Sie sind die schönsten, um nicht zu sagen die einzig wirklichen Polohemden. Immer mal behauptet ein Hype, man würde wieder Fred-Perry-Hemden tragen, so auch vergangenen Sommer – was für ein Unfug: Man trägt sie immer. Wobei anzumerken gilt, dass auch im Hause Fred Perry nicht mehr alles so gut ist wie früher. Maßen sich die Größen früher in Inch und waren so für jeden Anglophilen unmittelbar einsichtig, hat sich dies geändert, seit die Firma zum international üblichen S, M, L und XL übergegangen ist. Was nicht nur ungenauer ist – es lädt auch dazu ein, sich der gängigen Hipster-Praxis anzupassen, alles zu groß zu tragen. Ein Unding, ein Polohemd muss schließlich sitzen, deshalb trägt man es überhaupt nur. Nun ist das Schöne an den Fred-Perry-Hemden ja das uniforme Zeichencluster, das man sich mit ihnen überzieht, der Bezug auf den Stil der britischen Mods und das damit einhergehende Weiße-Jungs-hören-schwarze-Musik-Ding auf der einen Seite, das Kokettieren mit dem Umstand, dass auch rechte Kampfhundbesitzer manchmal in solchen Hemden herumlaufen, auf der anderen. Wer diesem Uniformen das Individuelle hinzufügen möchte, kann sich im Londoner Fred Perry Shop nun seine Initialen unter den Lorbeerkranz sticken lassen. Auch die Farben von Hemd, Kragen, Ärmelringen und Logo kann man sich aussuchen. TR

Fred Perry Bespoke. 75 Pfund pro Hemd, Fred Perry Store, Covent Garden, Unit 5, 14 The Piazza

Ein Spiel

Kopfrechnen, ausgerechnet. Dass mir ein Spiel mit Kopfrechnen Spaß bringen sollte, mehr Spannung als der nächste Fernsehkrimi, mehr Abwechslung als ein Bummel durch den Kneipenkiez, hielt ich ehrlich gesagt für sehr abwegig, als mir das Spiel „Zatre“ geschenkt wurde. „Wie scrabbeln, nur zum Rechnen“, sagte ein Freund und das klang für einen Nichtrechner bloß zum Augenverdrehen. Aber jetzt bin ich bekehrt und liebe diese kleine schwarze Plastikkiste mit den Dominosteinen ähnlichen Spielplättchen. Es ist ein Spiel, um hart gesottene Nichtspieler und alt gewordene Spiele-Abwinker aus der Reserve zu locken. Es bietet an langen Feiertagen gelassene Ausweichmanöver vor geistiger Erschöpfung mit anstrengenden Büchern oder Langeweile. Selbst Verwandtschaftsbesuche lassen sich damit geschickt auflockern. Es ist ein idealer Begleiter bei Umbruchsituationen in der Lebensmitte, weil man ein neues Gefühl für den Luxus bekommt, einfach mal ein, zwei Stunden zufrieden um ein Brett zu hocken. Es gibt noch einen Moment, vor dem muss gewarnt werden. Wenn man die Spielregeln liest, klingt das erst mal alles kompliziert; beim Ausprobieren aber klappt es schnell mit dem Anlegen von Zahlen, die sich zu Zehner- oder Zwölferreihen addieren lassen müssen. Plötzlich merkt man, wie man kleine Strategien entwickelt, obwohl man das Wort vom Strategiespiel bis dahin zum Fortlaufen fand. Das Beste aber ist, dass die Freude über gefundene Lösungen fast jedes Mal größer ist als die über das Endergebnis. Dieses Spiel macht sogar Spaß, wenn man verliert. KBM

Eine Box

Seinen privaten Bücherkanon sortiert man mittlerweile ganz brav und schön alphabetisch zu Hause in seinen Billy-Regalen. Auf seine CD-Sammlung lässt man erst recht nichts kommen. Nur mit DVDs geht man noch lieblos um. Man hat zwar mal zwei, drei Stück gekauft, die liegen nun aber seitdem irgendwie verstaubend neben dem Fernseher. Von Systematik noch keine Spur. Unter uns alternativen Bildungsbürgern: So kann es nicht bleiben! Man ist es auch seinen einschneidenden Kinoerfahrungen einfach schuldig, sie liebevoll in den Wohnzimmerregalen zu archivieren. Zwar hatte man sie schon mal alle auf Video, und spätestens seit dem Kauf eines DVD-Rekorders verstauben die Kassetten nun in irgendeinem Umzugskarton. Aber das ist kein Gegenargument. Wenn man mit der DVD-Sammlung fertig sein wird, so in fünf bis zehn Jahren etwa, kann man ja immer noch mit dem dann neuen Speichermedium beherzt von vorn anfangen. Die DVD-Box „Star Wars Trilogie“ ist nun eine schöne Möglichkeit der Selbstmotivation in dieser Sache. Hat alles, was man von einer DVD-Box erwartet. Eine Bonus-DVD, die alle Gründungsmythen dieses Plastikmythos enthält – nebst lustigen Jungmännerfilmaufnahmen von George Lucas. Dazu die Episoden IV bis VI, zwar ein bisschen albern mit neuen Computerfeatures angereichert, aber das stört einen großen Geist nicht weiter. Wenn Sie keinen Freund oder Verwandten haben, der ebenso souverän mit solchen Popmythen umgeht wie Sie, können Sie ja irgendeinen Neffen beschenken. Der hört Ihnen vielleicht auch zu, wenn Sie ihm erklären, dass Sie diese Filme früher voll fett und krass fanden. Auf jeden Fall werden Sie motiviert sein, sich selbst auch die Kassette zu kaufen, um sie sich dann und wann anzusehen – an Erkältungstagen beispielsweise. Wetten, dass Sie mindestens zwei Wochen lang irgendwo den Satz „Möge die Macht mit dir sein“ ins Gespräch einflechten! Die Box macht sich übrigens auch gut als Auflockerung im Bücherregal. Bei mir stehen sie zwischen Goethe und Goetz – ist nicht alphabetisch, sieht aber prima aus. Achtung: Die Episoden I und II kommen aber auf keinen Fall ins Haus! DRK

„Star Wars Trilogie“, 48,99 €

Ein Schaf

Schafe verschenkt man zwar traditioneller Weise eher zu Ostern – und zwar am Besten mit Rosmarin gespickt und langsam geschmort –, aber irgendwie ist das Schaf zu jeder Jahreszeit ein wundervolles, weiches, wohlschmeckendes und Fantasie anregendes Tier, und man kann damit zu jeder Gelegenheit und in jedem Aggregatzustand Menschen beglücken. Zum Beispiel lassen sich zurzeit auf jedem beliebigen Weihnachtsmarkt Schaffelle für um die 50 Euro das Stück erwerben. Wer’s pazifistischer mag, wird auf Weihnachtsmärkten auch Wollprodukte ohne Haut finden. Oder noch besser: Man übernimmt die einjährige Patenschaft für ein Milchschaf. Unter www.geburtstagsgeschenke-aristaeos.de, wo man auch Olivenbäume und Bienenstämme „mieten“ kann, gibt es das Startpaket für 49, das Schafpaket für 99 und das große Schafpaket für 199 Euro, neben einem Zertifikat gibt es bei den teureren Paketen auch Käse dazu. Vor allem aber ist aus folgendem Grund zu einer Milchschafpatenschaft anzuraten: Aufs dazu gehörige Weihnachtskärtchen gehört natürlich eines der schönsten Gedichte Christian Morgensterns, leicht umgedichtet: „Das Milchschaf rupft sich einen Halm und geht dann heim auf seine Alm.“ Oder so: „Das Milchschaf spricht zu sich im Traum: ,Ich bin des Weltalls dunkler Raum.‘ “ SM