Warteschleife für gläserne Verwaltung

GAL und SPD pochen auf freien Zugang von Bürgern zu öffentlichen Daten – doch der Senat sitzt das Thema seit Jahren aus. Erfahrungen aus anderen Bundesländern positiv. Persönlichkeitsrechte und Unternehmensgeheimnisse bleiben geschützt

„Der Einblick in behördliche Akten muss ein Recht jedes Bürgers sein“

Von Marco Carini

Es war einmal – ein Versprechen. Die Justizbehörde „erarbeitet zurzeit einen Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz“ (IFG), verkündete der Senat in Beantwortung einer kleinen SPD-Anfrage bereits im März 2003 und erläuterte zugleich den Zeitplan: „Angestrebt wird eine Senatsbefassung in der zweiten Hälfte des Jahres 2003.“ Doch aus dem Versprechen wurde ein Versprecher. Der Gesetzentwurf, der interessierten BürgerInnen einen erleichterten Zugang zu Behördendaten gewähren soll, hat – so ein leitender Behördenmitarbeiter –„den Senat nie erreicht“.

Grund genug für die GAL-Fraktion, mit einem eigenen Entwurf eines Hamburger IFG das Thema jetzt erneut anzuschieben. Bereits im Mai 2002 hatten die Grünen einen entsprechenden Entwurf vorgelegt, der aber in den Bürgerschaftsausschüssen versackte, weil die Regierungsparteien den angekündigten Senatsentwurf abwarten wollten. Nach der Neuwahl dann geriet das Thema vollends in Vergessenheit.

„Der Einblick in behördliche Akten muss ein selbstverständliches Recht jeder Bürgerin und jedes Bürgers sein“, gibt der rechtspolitische Sprecher der GAL, Till Steffen, die Richtung vor. Sämtliche Informationen, die nicht Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse seien oder gar die Persönlichkeitsrechte Einzelner berührten, müssten frei zugänglich sein. Ob die Baugenehmigung für einen Neubau in der Nachbarschaft oder auch die Begründung, warum ein öffentliches Schwimmbad trotz bevorstehender Schließung noch renoviert wird – all das soll die interessierte Öffentlichkeit in Zukunft ohne Probleme abfragen können.

Dass ein solches Informationsrecht nicht zur Überlastung der Verwaltung oder gar – bei Verweigerung der begehrten Infos – zu einer Prozesslawine führen wird, belegen für Steffen die Erfahrungen in Nordrhein-Westfalen, wo ein solches Regelwerk seit 2002 existiert. Obwohl im bevölkerungsreichsten Bundesland gut zehnmal so viele Menschen leben wie in Hamburg, zählten die Statistiker in den vergangenen zwei Jahren gerade mal knapp 2.200 Info-Anfragen und 72 daraus resultierende Gerichtsverfahren. Und auch aus Brandenburg, Berlin und Schleswig-Holstein, wo entsprechende Landesinformationsgesetze existieren, dringe keine Kunde, dass das neue Recht Behörden und Gerichte lahm lege.

Auch die SPD hat – bereits im November – Eckpunkte für ein Hamburger IFG vorgelegt. Und will nun in den nächsten Wochen einen eigenen Detailentwurf präsentieren, der laut Fraktionssprecher Christoph Holstein „nur Unterschiede im Minimalbereich“ zum GAL-Vorschlag aufweisen wird. Ein „Mehr an Transparenz der Verwaltung und der Regierung“, sei das Ziel, so SPD-Rechtsexperte Rolf-Dieter Klooß.

Allein die Justizbehörde mag auch anderthalb Jahre nach der geplatzten Vorlage ihrer Gesetzesnovelle noch nicht in die Vollen gehen. „Wir warten erst einmal das Bundes-IFG ab“, verweist Behördensprecher Ingo Wolfram auf einen Mitte dieses Monats vom Bundesinnenministerium vorgelegten Entwurf, der 2005 in die parlamentarische Beratung gehen soll.

Für GALier Steffen allerdings ist das kein Grund, in Hamburg die Hände in den Schoß zu legen: „Das Bundesgesetz gilt nur für Bundesbehörden – da müssen wir hier nicht drauf warten“, mahnt der Abgeordnete zur Eile.