Kulturelles Verständnis soll beim Heilen helfen

Das Herner Marienhospital will „Migranten freundlich“ werden und nimmt deshalb an einem internationalen Projekt der Weltgesundheitsorganisation teil. „Es geht um die Wertschätzung ausländischer Patienten“, so das Krankenhaus

HERNE taz ■ Die Globalisierung macht auch vor Herne nicht halt. Und weil das so ist und im dortigen Marienhospital ein großer Teil der Patienten und des medizinischen Personals einen Migrationshintergrund hat, nimmt das Krankenhaus jetzt an einem internationalen Projekt zum Thema „Hospitals in a culturally diverse Europe“ teil.

Ziel des Projekts sei es, die Strukturen und Dienstleistungen den Bedürfnissen der ausländischen Bevölkerung anzupassen, erklärt Volker Martin, Pressesprecher des Krankenhauses, das zur Bochumer Universitätsklinik gehört. In einer Stadt wie Herne mit einem relativ hohen Ausländeranteil von rund 15 Prozent müsse man das Krankenhaus „Migranten freundlich“ gestalten. Das Projekt, das unter anderem von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Europäischen Kommission unterstützt wird, sieht dazu drei Schritte vor.

In einem ersten Schritt sollen die Krankenhäuser Möglichkeiten schaffen, um bei Verständigungsschwierigkeiten mit Patienten, die nicht ausreichend Deutsch sprechen, zu vermitteln. In Herne greift man dafür auf die Kenntnisse des eigenen medizinischen Personals zurück. „Unsere Mitarbeiter kommen aus 30 verschiedenen Ländern, sie haben ein spezielles Know-How – ihre Muttersprache“, erklärt Martin. Man habe deshalb eine Kartei erstellt, die auflistet, welche MitarbeiterInnen als ÜbersetzerInnen herbeigerufen werden können.

In einem nächsten Schritt plant das Krankenhaus zudem, wie von der WHO angeregt, Informationsmaterial für schwangere Frauen in mehrere Sprachen zu übersetzen. „Der erste türkischsprachige Prospekt mit Informationen zur Geburtshilfe ist gerade in Planung“, so der Pressesprecher. Die dritte Stufe des WHO-Projekts sieht darüber hinaus vor, die Mitarbeiter zu schulen, ihre Fremdsprachenkenntnisse zu erweitern und sie für kulturelle Unterschiede zu sensibilisieren. Martin macht jedoch deutlich, dass es um mehr geht als nur die sprachliche Verständigung: „Es geht auch um die Wertschätzung ausländischer Patienten.“

Das bestätigt auch Bernhard Henning, Privatdozent am Marienhospital. Er räumt ein, dass der Kontakt zwischen Pflegepersonal und ausländischen Patienten nicht immer konfliktfrei verläuft – nicht nur in Herne. Im Mittelpunkt steht deshalb für ihn, die Mitarbeiter des Krankenhauses für fremde Kulturen zu sensibilisieren und Verständnis für Unterschiede zu schaffen: „Andere Kulturen haben zum Beispiel eine völlig andere Art zu trauern.“ Um für diese kulturell-religiösen Fragen ein Bewusstsein zu schaffen, veröffentlicht die Mitarbeiterzeitschrift des Krankenhauses deshalb regelmäßig Beiträge von Geistlichen unterschiedlicher Religionen. Aber auch an Kleinigkeiten könne man zeigen, dass man das Fremde, Ausländische positiv besetze. „Das Essen spielt hier eine wichtige Rolle“, erklärt Henning. Hier könne das Krankenhaus beweisen, dass es offen für fremde Einflüsse sei. Zudem sollen Piktogramme und mehrsprachige Hinweisschilder auch Patienten, die nicht Deutsch sprechen, die Orientierung erleichtern.

Erste Ergebnisse ihrer Arbeit stellte die Krankenhausleitung Anfang Dezember bei einem Kongress der Weltgesundheitsorganisation in Amsterdam vor. Doch von den Erfahrungen, die man in Herne macht, sollen in Zukunft auch andere Häuser profitieren können, erklärt Henning: „Unser Status als Uniklinik ist gleichzeitig eine Verpflichtung, Modelle zu entwickeln, die anderen Häusern bei ihrer täglichen Arbeit mit Patienten Hilfestellungen bieten.“ ULLA JASPER