Volk begehrt schon wieder auf

Zwei Initiativen zur Rettung der Volksgesetzgebung in Hamburg werden nächste Woche gestartet. Eine will die Abschaffung der Volksdemokratie durch Senat und CDU verhindern, die andere will Volksentscheide verbindlich in der Verfassung regeln

Von Sven-Michael Veit

Ab Dienstag kommender Woche soll die Volksgesetzgebung in Hamburg gerettet werden. Dann werden die Initiativen „Rettet den Volksentscheid“ und „Mehr Demokratie“ auf dem Rathausmarkt offiziell den Startschuss zu zwei Unterschriftensammlungen geben. „Die beiden müssen Hand in Hand gehen“, begründet Gregor Hackmack von der Volksentscheid-Ini auf Anfrage der taz diese „nicht ganz unkomplizierte“ Vorgehensweise.

Die beiden Volksinitiativen „Rettet den Volksentscheid“ und „Hamburg stärkt den Volksentscheid“ (siehe Kasten) verfolgen unterschiedliche Zwecke, aber dasselbe Ziel. Erstere wendet sich gegen den Gesetzentwurf des Senats vom 28. Dezember, die Hürden für Volksbegehren und -entscheide in der Hansestadt drastisch zu erhöhen. Die zweite Initiative soll einen Passus in die Hamburger Verfassung einfügen, wonach Volksentscheide „Bindungswirkung“ für Regierung und Parlament haben.

Diese Verbindlichkeit hatte das Hamburgische Verfassungsgericht am 15. Dezember vorigen Jahres in seinem Beschluss zum Volksentscheid „Gesundheit ist keine Ware“ über den Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK) verneint. Daraufhin hatte die CDU-Mehrheit in der Bürgerschaft nur einen Tag später den Verkauf des LBK an den Klinikkonzern Asklepios beschlossen und damit das ablehnende Votum von fast 590.000 HamburgerInnen im Volksentscheid am 29. Februar 2004 übergangen.

Damit werde „die Grundsatzfrage nach Sinn und Zweck von Volksabstimmungen in Hamburg gestellt“, meint Manfred Brandt von „Mehr Demokratie“, denn „ohne Verbindlichkeit der Entscheidungen des Volkes ist Demokratie nicht vorstellbar“. Deshalb müssten nun die HamburgerInnen eine Verfassungsänderung erzwingen, „um den Volksentscheid zu stärken“. Über den genauen Wortlaut, der zur Abstimmung gestellt werden soll, beraten derzeit Initiativen und ihre Juristen noch intensiv, kommenden Dienstag soll er veröffentlicht werden.

Parallel läuft die Unterschriftensammlung für die Initiative „Rettet den Volksentscheid“ gegen den Gesetzentwurf des Senats, den dieser zum Jahresende der Bürgerschaft zur Beratung und Verabschiedung vorgelegt hatte. Danach sollen Unterschriften für Volksinitiativen und -begehren künftig nicht mehr auf der Straße gesammelt werden. Stattdessen muss man sie bei den „amtlichen Eintragungsstellen“ der Bezirksverwaltungen leisten. Auch werden keine Eintragungslisten, sondern Einzelformulare verwendet. Abstimmungen über Volksentscheide schließlich dürfen nicht mehr gleichzeitig mit Wahlen stattfinden. Damit werde „die Volksdemokratie in Hamburg de facto abgeschafft“, kritisierte Brandt schon seinerzeit.

Bereits vor Weihnachten hatte sich gegen diesen Plan ein breites gesellschaftliches Bündnis in der Stadt gebildet, um eine Volksinitiative zum Erhalt des Volksentscheids in seiner bisherigen Form zu starten. Senat und CDU wollten „das Volk entmachten“, so Brandt, und dagegen „hilft jetzt nur noch Widerstand“.