„Wie wär’s mit Rudi-Dutschke-Airport“

Die taz fordert eine Dutschkestraße in Berlin. Gut so? Jetzt haben die Leserinnen und Leser das Wort

Ihre Anregung einer Straßenumbenennung teile ich und möchte diese unterstützen. Rudi Dutschke ist durch sein Engagement für eine demokratische Zivilgesellschaft eine bedeutsame Persönlichkeit. […] Meiner Auffassung nach ist die (bauliche) Dokumentation städtischer Geschichte maßgeblich für eine gelingende soziale Stadtentwicklung. Die Geschichte der Studentenbewegung in Berlin ist eng verknüpft mit der Person Rudi Dutschke.

MARKUS ERICH-DELATTRE, Hamburg

Selbstverständlich sollten auch in anderen Städten dieses Landes Straßen nach Rudi Dutschke (um)benannt werden – schließlich hat er im besten Sinne deutsche Geschichte gemacht.

BERND-MICHAEL KABIOLL, Berlin

Die Initiative für die Benennung einer Straße nach Rudi Dutschke ist richtig, erst recht in Berlin, und auch lange überfällig, und selbstverständlich sollte es auch eine etwas bedeutendere Straße als der derzeit nach Dutschke benannte Schleichweg auf dem FU-Campus sein. Aber gleich die Kochstraße? Ich weiß ja nicht. Der Zusammenhang mit dem Axel-Springer-Konzern ist vorhanden, aber derartige Referenzen lassen sich in Westberlin sicherlich noch an diversen anderen Stellen finden.

Dass ausgerechnet die Straße, die symbolisch für das Zentrum der deutschen Zeitungsproduktion während der Weimarer Republik […] steht, weg-umbenannt werden soll, halte ich für höchst unglücklich. Wobei abgesehen davon allein die Aussicht auf Kosten im sechsstelligen Bereich für die Umbenennung der U-Bahn-Station ein ausreichendes Argument für die Beibehaltung ist. Also: Idee gut, Ausführung in meinen Augen leider eher ungut. Aber vielleicht denkt ihr auch nicht in den richtigen Dimensionen: Wenn ich es richtig verstanden habe, kommt Dutschke doch aus der Nähe von Schönefeld. Wie wäre es also, auch als politisches Gegengewicht zum Münchener Flughafen, ab 2010 mit dem „Rudi Dutschke International Airport Berlin-Brandenburg“? MICHAEL BRAKE

Ihre Initiative für die Umbenennung eines Teils der Kochstraße in Rudi-Dutschke-Straße begrüße ich. Seine Bedeutung für eine gewisse Phase der Entwicklung unserer Republik ist an den Reaktionen auf Ihren Vorschlag bestens abzulesen. Allerdings: Ich möchte einen Ergänzungsvorschlag machen, den die Gustav-Heinemann-Initiative bisher höheren Orts vergeblich vorgetragen hat. Die zweite Hälfte der Kochstraße sollte in Gustav-W.-Heinemann-Straße umbenannt werden. Nach diesem Präsidenten ist in Berlin noch keine Straße benannt. Wohl tragen viele Straßen die Namen von ausgesprochenen Demokratieverächtern. Gustav Heinemann und Rudi Dutschke sind von grundsätzlich verschiedenen Ausgangspositionen für die Demokratie in unserem Lande eingetreten. Heinemann hat mit dem Bild der Hand, deren Zeigefinger vorwurfsvoll auf die kritische Jugend weist, deren drei weitere Finger aber auf den Kritiker selbst zurückweisen, die Deutschen zu Verständnis und Toleranz gemahnt. Zwei streitbare Demokraten also, die im Bewusstsein der Hauptstadt präsent sein sollten. CHRISTOF MÜLLER-WIRTH

Müssen wir wirklich einen neuen Personenkult fördern? Überlassen wir das doch den anderen und setzen wir uns lieber rational mit Politik auseinander.

PETER KASPAR, Heilbronn

Deutschland braucht auf jeden Fall eine Rudi-Dutschke-Straße in Berlin, weil Dutschke mit den 68ern bei allen Unzulänglichkeiten einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zur inneren kulturellen Zivilisierung Deutschlands geleistet hat. S. HACIOGULLARI

Es ist eine abgefeimte Geschmacklosigkeit, dass sich die taz nach wie vor auf Rudi Dutschke beruft. Dutschkes rätedemokratischer Anarchosozialismus hat genauso wenig mit der taz in ihrer Rolle als politischer Hofclown zu tun wie Heinrich Bölls radikale katholische Gesinnungsethik mit dem regierungstreuen Wohlverhalten der Heinrich-Böll-Stiftung. Johannes Agnoli hätte in der Instrumentalisierung dieser beiden zentralen Figuren der 68er-Bewegung einen weiteren Beleg für eine Verstaatlichung von sozialem Protest gesehen.

JÖRG BECKER, Solingen