Kandidaten mit Vorstrafe

Trotz eindeutiger Fernsehbilder und einschlägiger Urteile gegen mehrere ihrer schleswig-holsteinischen Landtagskandidaten beteuert die NPD, mit Gewalt nichts zu tun zu haben

Von Andrea Röpke
und Andreas Speit

„Alle kräftigen Männer raus“, rief Klaus Baier – und etliche Neonazis folgten dem Aufruf des Bundespressesprechers der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD): Mit Flaschen, Stühlen, Tischen und Tabletts bewaffnet stürmten sie aus dem Saal des Hotels in Steinburg bei Itzehoe.

Rund 70 Linke protestierten am 4. Dezember gegen den Wahlkampfauftakt der NPD Schleswig-Holstein. Einige Demonstranten hatten dabei Steine aufs Hotel geworfen. Darauf reagierten die NPD-Sympathisanten, kaum auf der Straße, mit Angriff. Sie schmissen Flaschen und Steine gezielt auf die Linken und schlugen mit Mülleimern und Stühlen auf sie ein. Mit dabei: NPD-Landtagskandidat Ingo Stawitz (taz berichtete). Fernseh-Aufnahmen der ARD-Sendung „Panorama“ und des „Schleswig-Holstein-Magazins“ vom NDR belegen nun, dass weitere führende NPD-Kader Gewalttaten verübten.

„Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung sind eingeleitet“, erklärt Oberstaatsanwalt Wolfgang Zepter aus Itzehoe. Insgesamt ermittle die Staatsanwaltschaft gegen sechs NPD-Funktionäre. Zeigen die am Donnerstag gesendeten Aufnahmen doch, dass neben Stawitz auch Manfred Börm, Chef des NPD-Ordnerdienst und Bundesvorstandsmitglied die Demonstranten bewarf, während der Ludwigsluster Stefan Köster, Angehöriger des Bundesvorstands, auf eine am Boden liegende Frau eintrat. Polizeieinsatzleiter Uwe Kleinig zeigte sich „schockiert“ von der Gewalt der Rechten. Als einer von ihnen mit einem Stuhl auf einen auf der Straße liegenden verletzten Demonstranten einschlagen wollte, habe ein Zivilbeamter zwei „Signalschüsse“ abgeben. Gegenwehr blieb laut Kleinig aus.

„Panorama hat gelogen“, erklärt derweil Frank Schwerdt für den NPD-Bundesvorstand. Die NPDler hätten nur „klar gemacht, dass gewalttätige Schläger das Echo fürchten müssen“. Trotz der Bilder betont der schleswig-holsteinische NPD-Vorsitzende und Spitzenkandidat Uwe Schäfer: „Wir setzen uns mit dem Gegner nicht mit Gewalt auseinander“. Auch Stawitz beteuert, die Partei hätte mit Gewalttätern nichts zu tun. Sein eigenes Verhalten? „Abwehr“.

Auf der Kandidatenliste für die Landtagswahlen am 20. Februar finden sich allerdings noch weitere Straftäter. Platz Sechs hat Peter von der Born inne, mehrfach wegen Körperverletzung vorbestraft. Im Wahlkreis Lauenburg Nord tritt ein gewisser Heino Förster an, laut Schäfer „ein bekannter alter Kämpfer und gut beleumundet“. Förster wurde 1993 wegen versuchten Mordes an Asylbewerbern zu vier Jahren Haft verurteilt. Auch Martin Engelbrecht, der im Namen der „Freien Kameradschaften“ Wahlkampfunterstützung zugesagt hat, ist Parteimitglied – und mehrfach wegen Körperverletzung vorbestraft. Weitere Wahlunterstützung kündigte auch der NPD-Barde Frank Rennicke an. Er will vom 13. bis 15. Januar durch Schleswig-Holstein touren. Seine Tonträger darf er nicht verkaufen. Sie sind indiziert.