Aufstand im Kongo gegen Wahlverzögerer

Tote bei Protesten in Kongos Hauptstadt Kinshasa. Auslöser: Hinweise auf eine Verschiebung der für kommenden Sommer geplanten Wahlen. Dies würde eine verlängerte Amtszeit der gegenwärtigen Warlord-Regierung bedeuten

BERLIN taz ■ Die Straßenproteste in Kongos Hauptstadt Kinshasa am Montag gegen eine Wahlverschiebung haben viele Opfer gefordert. Von vier Toten sprach eine „provisorische“ offizielle Bilanz, von 19 war in unbestätigten Gerüchten die Rede. Zwei Polizisten sollen bei lebendigem Leibe verbrannt worden sein, zahlreiche Menschen erlitten Schussverletzungen.

Auslöser der Unruhen war eine Äußerung des Vorsitzenden der unabhängigen Wahlkommission des Kongo, Appollinaire Malu-Malu. Statt Kommunalwahlen im April, Parlamentswahlen im Juni und Präsidentschaftswahlen im Juli, wie bisher vorgesehen, werde man „sicherlich erst am Ende des Jahres“ fertig werden, sagte er am Donnerstag im Rundfunk. So könne die Wählerregistrierung erst im April überhaupt beginnen. Gut wäre ein Wahlabschluss bis Oktober, denn „wir sollten nicht bis zur Regenzeit warten“. Dann sind große Teile des Landes von der Außenwelt abgeschnitten.

Malu-Malu sprach damit aus, was die meisten Beobachter des kongolesischen Friedensprozesses wissen: Die Umsetzung der Kongo-Friedensverträge geht viel zu langsam. So hat die Demobilisierung der Bürgerkriegsarmeen noch nicht begonnen. Weder die Wahlgesetze noch der Entwurf der zukünftigen Verfassung, über den es theoretisch im Februar eine Volksabstimmung geben sollte, sind fertig.

Der geltende Friedensvertrag begrenzt die Amtszeit der im Sommer 2003 eingesetzten Allparteienregierung auf zwei Jahre, also bis Ende Juni 2005, mit der Möglichkeit einer zweimaligen Verlängerung um je sechs Monate. Ihre Nachfolge soll eine frei gewählte Regierung antreten. Je länger die Wahlen verschoben werden, desto länger bleibt die Allparteienregierung im Amt und je länger können sich ihre Mitglieder bereichern. Viele außerparlamentarische Gruppen haben den Verdacht, dass die Regierung deshalb die Wahlen bewusst verzögert.

Kongos größte politische Partei, die nicht in der Regierung vertretene UDPS (Union für Demokratie und Sozialen Fortschritt), erklärte in Reaktion auf Malu-Malu, aus ihrer Sicht laufe die Amtszeit der Allparteienregierung am 30. Juni aus, egal ob vorher Wahlen stattfinden, und ab dann liege die Macht beim Volk. Die UDPS erinnert gerne daran, dass Kabila vor einigen Monaten den kollektiven Rücktritt der Regierung in Aussicht stellte für den Fall, dass sie bis Juni ihre Aufgaben nicht erledigt haben sollte. Die Straßenproteste vom Montag nahmen ihren Ausgang in UDPS-Hochburgen.

Die Unruhen erfolgten, während die beiden mächtigsten Politiker der Allparteienregierung – Staatschef Joseph Kabila und Vizepräsident Jean-Pierre Bemba – außerhalb der Hauptstadt weilen. Bemba drohte am Montag mit dem Rückzug seiner einstigen Rebellenbewegung MLC (Kongolesische Befreiungsbewegung) aus der Regierung, sollte eine Reihe von Personalforderungen nicht bis Ende Januar von Kabila berücksichtigt werden. DOMINIC JOHNSON