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: Ein Verbot heimlicher Vaterschaftstests ist illusorisch

Die Befürworter eines Verbots für heimliche Vaterschaftstests sind feige. Immer wieder verweisen sie auf die gerichtliche Möglichkeit, bei Zweifeln einen Vaterschaftstest anzuordnen. Warum heimlich, wenn es auch offen geht, ist ihr Argument.

Das Argument ist falsch. Mit bloßen Zweifeln kann niemand vor Gericht einen Vaterschaftstest erzwingen. Auch die fehlende Ähnlichkeit zwischen Kind und Vater reicht nicht. Viele Väter hofften, dass wenigstens ein heimlicher Gentest die Möglichkeit eröffnet, offiziell zu testen. Das aber hat der Bundesgerichtshof gestern ebenfalls ausgeschlossen.

Das ist konsequent. Das Bürgerliche Gesetzbuch geht vom Grundsatz aus: Einmal Vater, immer Vater. Wer heiratet, ist prinzipiell bereit, alle Kinder der Gattin als eigene mitzuerziehen. Wer die Vaterschaft eines nichtehelichen Kindes annimmt, sagt Ja zur Vaterrolle. Laut Gesetz soll diese Vaterrolle nur in extremen Ausnahmefällen hinterfragt werden können, damit das Kind ein stabiles Umfeld hat. Die Möglichkeit der Vaterschaftsanfechtung ist auf ein Minimum reduziert, damit sie erst gar nicht als Druckmittel die Familienatmosphäre vergiften kann. Das ist die Rechtfertigung für die hohen Hürden und die kurzen Fristen.

Das Konzept ist in sich stringent, wird aber nur noch von der Rechtsprechung offen verteidigt. Die Politik scheint es schon aufgegeben zu haben. Wer aber so tut, als sei eine Vaterschaftsanfechtung heute schon möglich, wenn man seine Zweifel nur mutig und offen äußert, weckt damit Erwartungen beim Publikum, die die aktuelle Rechtslage nicht erfüllen kann und will.

Am Wochenende kündigte Ministerin Zypries bereits an, das offizielle Verfahren zu vereinfachen, mit denen Väter ihre Vaterschaft feststellen lassen können. Doch was wie Bürokratieabbau klingt, stellt das bisherige gesetzliche Konzept auf den Kopf. Wenn künftig jeder Zweifel genügt, um die eigene Vaterschaft überprüfen zu können, rückt das Biologische in den Vordergrund und die soziale Vaterschaft verliert an Wert.

Unter diesen Rahmenbedingungen lässt sich das Verbot heimlicher Vaterschaftstests politisch nicht mehr durchsetzen. Die neue Gentest-Option ist da, und sie wird weithin als legitim angesehen. Hohe Strafen sind deshalb unpopulär. Und symbolische Bußgelder schrecken angesichts der zu sparenden Unterhaltskosten niemand ab. Das gestrige BGH-Urteil wird von der politischen Entwicklung überholt werden. CHRISTIAN RATH