Gut gelüftetes Pseudonym

Hinter der rätselhaften Autorin Sophie Dannenberg verbirgt sich die Radiojournalistin Annegret Kunkel

Was hat es alles für Spekulationen gegeben, als „Das bleiche Herz der Revolution“ erschien! Dass der angegebene Autorenname Sophie Dannenberg ein Pseudonym war, war von Anfang an klar. Die Deutsche Verlags-Anstalt (DVA), die den Roman vergangenen Herbst herausbrachte, hat nie ein Hehl daraus gemacht.

Was er vielleicht nicht bedachte, war, dass nun ein großes Rätselraten einsetzen würde, wer sich wohl hinter dem Pseudonym verbirgt. Schließlich ist der Roman eine harsche Abrechnung mit den 68ern. Zwar wurde allgemein die mangelnde literarische Qualität des Buchs bemängelt. Aber manche intime Einblicke in die Diskurse und Interna der studentenbewegten Zeit wurden der Autoren-Instanz immerhin attestiert.

Und so fielen die Namen Katharina Rutschky, Mariam Lau, Christian Semler und manche andere als mögliche VerfasserInnen. Andere vermuteten auch ein Kind aus dem engeren Kreis bekannter 68er, das nun mit seinen Eltern ein Hühnchen zu rupfen hatte. Dass sich nicht alle 68er-Kinder gerne an die antiautoritäre Erziehung erinnern, hat sich ja mittlerweile herumgesprochen. Zum Schluss hat sich dann noch Joachim Lottmann selbst als Autor des Romans ins Spiel bringen wollen. Spätestens da hatte die Rätselraterei auch etwas Albernes bekommen.

Nun, sie kann als beendet gelten. Hinter Sophie Dannenberg verbirgt sich eine Frau namens Annegret Kunkel, eine von vielen jungen Radiojournalistinnen in Berlin. Das bestätigte gestern die DVA gegenüber der taz, Frau Kunkel selbst war zu keiner Stellungnahme bereit.

Die klügeren Rezensenten ihres Romans haben von Anfang an darauf gesetzt, den Text als Text zu analysieren. Interessant an der Rätselraterei war allerdings immerhin, dass man seine Fantasie entweder in Richtung Renegatentum schweifen ließ oder eine biografisch motivierte Abrechnung vermutete. Nun gilt es wohl eher ins Auge zu fassen, dass eine junge Autorin ein Thema gesucht hat, um in der Debattenmaschine Fuß zu fassen. Wie immer man dazu steht: Das ist ihr gelungen. Manchmal steckt eben weniger dahinter, als man immer denkt. drk