SPD-POLITIKERIN CORNELIE SONNTAG-WOLGAST: „LIEBER MEHR ZEIT“

taz: Die Bundesländer haben beschlossen, den freien Zuzug jüdischer Zuwanderer aus der Ex-Sowjetunion an Bedingungen zu knüpfen: Die Beherrschung der deutschen Sprache und die Aussicht, nicht von Sozialhilfe zu leben. Sie leiten den Innenausschuss des Bundestags, der das Thema heute berät. Teilen Sie diese Meinung?Cornelie Sonntag-Wolgast: Ich habe Sympathie und Verständnis für die Forderungen, und zwar wirklich auch im Interesse der Betroffenen. Aber ich bitte alle Beteiligten, die Sensibilität des Themas zu berücksichtigen und sich lieber mehr Zeit zu lassen. Es ist ja nicht so, dass alle Integrationskapazitäten restlos ausgeschöpft werden.Inwiefern? Im Zuwanderungsgesetz fordern wir Menschen, die dauerhaft bleiben wollen, Sprachkenntnisse ab – den mitreisenden Familienmitgliedern von Spätaussiedlern ebenfalls. Eine solche Regelung halte ich auch für jüdische Zuwanderer für sinnvoll. Viele haben mangelhafte Kenntnisse, das schmälert ihre Startchancen. Welche Rolle spielt der Innenausschuss?Wir können nur ein Signal geben. Es kommt schon darauf an, ob der Ausschuss sich nur einmal ins Bild setzen lässt oder sagt, wir möchten das Ganze politisch begleiten. Das haben wir vor.Nach Ansicht der Grünen hat ein Beschluss des Ausschusses von 2002 Bestand, nach dem sich für die Aufnahme jüdischer Zuwanderer im Hinblick auf das Zuwanderungsrecht nichts ändert. Dann muss der Beschluss möglicherweise geändert werden. Aber 60 Jahre nach Kriegsende darf nicht der Eindruck einer restriktiven Linie erweckt werden. Wir stehen in der parlamentarischen Beratung erst am Anfang.Der Zentralrat der Juden beklagt, nicht einbezogen worden zu sein. Können Sie die Diskussion entschärfen? Dass sich 37 Parlamentarier damit befassen, tut der Sache gut. Es ist schön, dass wir wieder so etwas wie echtes jüdisches Leben haben. Jetzt ist nur die Frage, ob es berechtigt ist, die Anforderungen etwas hochzuschrauben. INTERVIEW:
WAHN