Rot-grüne Saubermänner nicht sauber genug

Regierung will Union bei Offenlegung von Abgeordneteneinkünften übertrumpfen. Internet-Aktivisten reicht das nicht

BERLIN taz ■ Im Streit um die Nebeneinkünfte von Politikern geben sich SPD und Grüne weiter betont reformfreudig und zum harten Durchgreifen bereit. Bis Ende Februar werde die Koalition neue Verhaltensvorschriften für Parlamentarier beschließen, kündigte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Wilhelm Schmidt gestern an. Als Strafe für verschwiegene Zusatzjobs seien neben Abzügen bei den Diäten auch Kürzungen der Abgeordnetenpensionen denkbar, so Schmidt.

Einen Tag nach dem ersten, ergebnislosen Gespräch der Geschäftsführer aller Bundestagsfraktionen am Dienstag bekräftigten beide Regierungsparteien ihre Entschlossenheit, auch gegen den Widerstand der Opposition schärfere Regeln einführen zu wollen. Wenn man sich mit Union und FDP nicht einigen könne, werde die Koalition neue Vorschriften zur Offenlegung von Einkünften „gegebenenfalls mit unserer eigenständigen Mehrheit“ im Bundestag durchsetzen, erklärte Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck. Auf die Frage, ob die Koalition einen Alleingang erwäge, sagte auch sein SPD-Kollege Schmidt: „Ja, eindeutig.“

Weniger eindeutig äußerten sich die beiden Koalitionspolitiker allerdings zu den Inhalten der geplanten Neuregelungen. Schmidt sagte, es müsse noch geklärt werden, in welchem Ausmaß Nebentätigkeiten und die daraus resultierenden Einkünfte einer Veröffentlichungspflicht unterzogen werden könnten. Auch Beck erklärte, etwaige verfassungsrechtliche Schranken für die Offenlegungspflicht würden noch geprüft. Die Koalition werde ihre Vorschläge in der kommenden Woche präzisieren und schriftlich vorlegen.

Klar ist bisher nur, dass die Abgeordneten nach den Vorstellungen von Rot-Grün künftig alle Arten von Beschäftigungen beim Bundestagspräsidenten angeben sollen. Ausnahmen bei der Mitteilungspflicht soll es nicht mehr geben. Zwischen Berufs- und Nebentätigkeiten soll nicht mehr unterschieden werden. „Diesen ganzen Quatsch lassen wir weg“, sagte Schmidt im Deutschlandfunk. Deutlicher als bisher formulierte Schmidt, was sich die SPD wünscht: „Wir wollen alles das, wofür ein Abgeordneter nebenbei gegen Bezahlung welcher Art auch immer – Honorar, Vergütung, Entgelt, Entschädigung oder wie man das auch immer dann nennt – tätig ist, auf jeden Fall erfassen, wollen wir mitteilen lassen und wollen es dann auch der Veröffentlichung zuführen.“ Unklar ist aber weiter, ob die Öffentlichkeit auch erfahren soll, wie viel ein Abgeordneter nebenher verdient.

Das neu gegründete Online-Bürgernetzwerk Campact will deshalb im Internet Druck machen. Die Organisation rief die Bürger gestern auf, in E-Mails an Abgeordnete und in Petitionen mehr Transparenz zu verlangen. „Politiker bewegen sich nicht von alleine“, sagte Campact-Pressesprecher Christoph Bautz. Es reiche nicht aus, nur über härtere Sanktionen für Verstöße gegen die Meldepflicht zu diskutieren: „Wir fordern ganz klar die Offenlegung aller Einkünfte.“ Die Internet-Aktion wird unterstützt von dem Antikorruptionsnetzwerk Transparency International. LUKAS WALLRAFF

Infos: www.campact.de