„Wir sind täglich messbar“

Borussia Mönchengladbach hat auf dem Transfermarkt zugeschlagen. Ohne Risiko, sagt Präsident Rolf Königs im taz-Gespräch. Erfolgreiches Wirtschaften sei nicht vom sportlichen Erfolg abhängig

INTERVIEW:DANIEL THEWELEIT

taz: Herr Königs, sie haben zur Winterpause sechs aktuelle oder ehemalige Nationalspieler verpflichtet. Wie kann sich ein Klub, der seit Jahren im Abstiegskampf steckt, das leisten?

Rolf Königs: Da muss man etwas weiter ausholen. Ich kam hier 1999 in einen völlig überschuldeten Verein. Die Borussia war weder bundesligatauglich noch bundesligafähig. Wir haben damals langfristige Strategien entwickelt, die auch den Bau eines neuen Stadions beinhalteten – ein Zeitpunkt, an dem eine neue Zeitrechnung beginnen sollte. Nach einer Phase der Sanierung, Konsolidierung und der Umstrukturierung befinden wir uns seit dem Einzug in das neue Stadion in der Phase des Ausbaus und Wiederaufbaus. Das Stadion erwirtschaftet stark verbesserte Einnahmen, und diese investieren wir nun nicht mehr in Struktur, sondern in den Fußballsport.

Sechs Spieler, zudem ein teurer Trainerwechsel. Können Sie das direkt nach einem Stadionbau wirklich einfach so vom Festgeldkonto bezahlen?

All unsere jetzigen Handlungen sind nichts als geplantes Investment. Wir bleiben in unserem Budget, keinen Euro darüber. Wir haben im Moment einen Schnitt von knapp 50.000 Zuschauern, in unserem Businessplan hatten wir 40.000 veranschlagt. Wir liegen also deutlich besser als wir kalkuliert hatten. Außerdem hatten wir am Bökelberg zu besten Zeiten etwa 50 Sponsoren, jetzt sind wir bei rund 330.

Auch eine Verschuldung zur Rettung vor dem Abstieg kann als Investment bezeichnet werden. Ist das für Sie undenkbar?

Wir machen nur Dinge, die wir überschauen können. Das heißt nicht, dass wir nicht auch Mal überraschende Dinge machen, wie etwa einen Vorgriff auf die kommende Saison. Solche Dinge sind dann aber ausgewogen und wohl überlegt. Wir sind messbar, täglich, wöchentlich, quartalsweise. Wir sind verlässlich.

Wie denken Sie über Klubs, die permanent mit der Möglichkeit des Schulden Machens wirtschaften? Bochums Präsident Werner Altegoer nannte das vor kurzem Wettbewerbsverzerrung.

Langfristig wird sich das solide Wirtschaften auszahlen.

Wirtschaftlich hört sich das gut an, aber weder Sie noch Geschäftsführer Stephan Schippers sind ausgewiesene Fußballexperten. Die sportliche Kompetenz liegt fast ausschließlich bei Christian Hochstätter.

Das ist nur eine Multimomentaufnahme. Wir haben Christian Hochstätter als Nachwuchsmann die Chance gegeben, sich zu bewähren. Er hat sie genutzt. Jeder Verpflichtung geht eine einvernehmliche Entscheidung von Management und sportlicher Leitung voraus. Deshalb kann man nie sagen, daran ist Hochstätter Schuld, oder der Herr Fach.

Dennoch sind Spielerverpflichtungen ein komplexes Thema. Anderswo gibt es da mehrere Fachleute. Denken Sie darüber nach, diese Kompetenz mittelfristig zu verstärken?

Da sehe ich im Augenblick keinen Handlungsbedarf. Im Moment gibt es keinen Anlass, unsere Struktur zu ändern.

In den letzten Jahren haben Sie immer wieder vom Uefa-Cup gesprochen und damit Erwartungen geschürt, den Druck erhöht. Waren auch Sie zu unerfahren in der emotionalisierten Welt des Fußballs?

Ich musste eine ganze Menge lernen. Deshalb ist die Formel vor dieser Saison anders gewesen: Nicht reden, machen. Und zwar keine Politik, nur Business. Ordentlich etablieren und mit dem Abstieg nichts zu tun haben, das war von Anfang an die Zielsetzung, und das ist immer noch so.

Sie haben weltweit Erfolg mit Ihrem Textilunternehmen, das Stoffe für die Innenausstattung von Autos liefert. Könnten Sie diese Erfahrung einbringen? Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) bemüht sich, mit ihrem Produkt Bundesliga auf den Weltmärkten zu expandieren?

Wir haben uns erstmal voll auf unseren Verein hier konzentriert. Was die DFL so macht, das haben wir in den letzten Jahren nur beobachtet. Wir mischen auf bescheidener Flamme in den Gremien mit, bevor das anders wird, müssen wir erst selber noch viel besser werden. Momentan sind wir bei der DFL eher Zuhörer.

Ihr Sanierungsprogramm und der erfolgreiche Abschluss im Sommer, all das wurde unter schweren Rahmenbedingungen im Abstiegskampf und ohne das Privileg eines WM-Spielortes 2006 vollbracht. Warum gelingt so wenigen Bundesligisten solch eine Politik der Besonnenheit?

Das ist eine Frage des Könnens. Es gibt durchaus Vereine, die sehr gut geführt sind, schauen Sie auf den VfB Stuttgart mit Erwin Staudt.

Herr Staudt kam von IBM, er hat wie Sie auch nur wenig Ahnung von Fußball. Ist das eine allgemeine Tendenz, dass Chefs großer Konzerne die Klubs übernehmen?

Ja, ich glaube schon. Wir Wirtschaftsleute können uns ja auch im sportlichen Bereich weiter entwickeln.