Kölner Union ist sich selbst verdächtig

Der Auftritt von CDU-Landeschef Jürgen Rüttgers auf dem Neujahrsempfang der CDU in Köln-Porz wird überschattet von einer neuen Spendenaffäre. Erneut gerät die Finanzierung von Fritz Schrammas Oberbürgermeisterwahlkampf 2000 ins Zwielicht

VON FRANK ÜBERALL

Jürgen Rüttgers versuchte, seine Parteifreunde in Stimmung zu bringen. Mit einem Wahlkampf „Mann zu Mann und Frau zu Frau“ solle die rot-grüne Regierung bei der Landtagswahl im Mai zu Fall gebracht werden, gab sich der christdemokratische Spitzenkandidat am Samstag beim Neujahrsempfang der CDU in Köln-Porz kämpferisch. „Es ist jetzt angesagt, nicht übereinander zu reden“, forderte Rüttgers, den seine Parteifreunde als „zukünftigen Ministerpräsidenten“ ankündigten. Das jedoch könnte etwas vorschnell gewesen sein – auch Dank der Kölner CDU.

Denn die kölschen Konservativen kommen einfach nicht aus ihrem Affärenstrudel heraus. Woche für Woche sehen sie sich neuen unangenehmen Schlagzeilen über Spendenschummeleien ausgesetzt. Die jüngste Hiobsbotschaft: Bei der Finanzierung einer „Schramma-Brief“ genannten und in der Kölnischen Rundschau sowie im Kölner Stadt-Anzeiger erschienenen Anzeige im Oberbürgermeisterwahlkampf 2000 soll es nicht mit rechten Dingen zugegangen sein. 11.600 Mark der insgesamt 31.087,42 Mark teuren Anzeige sollen an den Kassenbüchern und am Rechenschaftsbericht der CDU vorbei von zwei „Sponsoren“ direkt bei der Werbeagentur bezahlt worden sein. Parteichef Walter Reinarz räumte ein, es ergebe sich „der Verdacht illegaler Parteienfinanzierung“. Die CDU-Bundesgeschäftsstelle und der Bundestagspräsident wurden bereits entsprechend informiert.

Die Unregelmäßigkeiten waren bei einer Kontrolle durch einen Wirtschaftsprüfer aufgefallen, die der CDU-Vorstand aufgrund der umstrittenen Finanzierung eines Schramma-Werbeplakates durch den Bauunternehmer Ewald Hohr in Auftrag gegeben hatte. Die Sponsorengelder eingeworben haben soll Ex-Parteichef Richard Blömer, gegen den bereits wegen anderer mutmaßlicher Spendenmanipulationen ermittelt wird. Schatzmeister Peter Jungen soll die zwielichtige Anzeigenfinanzierung abgezeichnet haben. Beide gaben zunächst an, sich nicht an den Vorgang erinnern zu können.

Für Reinarz und sein neues Team war die öffentliche Erklärung der Versuch eines Befreiungsschlages. Er gibt sich derzeit als Aufdecker und Ausputzer zugleich – und erscheint so manchen schon als neue Lichtgestalt der Kölner Union. Ganz in diesem Stil wurde er beim Empfang seines Heimat-Stadtbezirks Porz begrüßt. Jürgen Rüttgers lobte ihn für sein Engagement und rief die Basis zur Geschlossenheit auf. Die habe die CDU im Land längst erreicht, und das müsse zum Modell für Köln werden.

Oberbürgermeister Fritz Schramma bezeichnete die jüngsten Meldungen als „notwendige Aufklärung“. Der Weg der Erneuerung, den Reinarz eingeschlagen habe, sei ohne Alternative: „Da müssen wir jetzt gemeinsam durch.“ Nach den „unschönen Querelen und Grabenkämpfen“ müsse auch die Kölner CDU wieder nach vorne schauen, wenn sie Wahlen gewinnen wolle. An der Basis wurden die Worte wohl vernommen – einigen fehlte aber der Glaube. Schließlich weht der „böse Geist“ Blömers weiterhin über der Partei, auch wenn der einstige starke Mann der Partei den Porzer Termin diesmal mied.

Blömers Anhänger nehmen jedenfalls Landesparteichef Rüttgers und Generalsekretär Jochen Reck nach wie vor übel, Blömer als Landtagskandidat gestürzt zu haben: „Wenn Rüttgers und sein Generalsekretär Reck die Wahl im Mai verlieren, sind wir sie los.“

In Porz, wo der mächtige Strippenzieher früher besonders viele Freunde hatte, haben jedoch viele inzwischen die Schnauze voll. „So etwas wie in der Vergangenheit können wir uns nicht mehr leisten“, so ein verärgertes CDU-Mitglied.