Kanzler lässt NPD-Verbot prüfen

Bundesregierung sucht weiter nach Möglichkeiten, die NPD zu verbieten. Nach Eklat im Landtag: Staatsanwaltschaft in Sachsen ermittelt nicht gegen NPD wegen Volksverhetzung. Bundestagsparteien wollen NPD-Marsch am 8. Mai in Berlin verhindern

BERLIN taz ■ Die Bundesregierung sucht nach Worten von Bundeskanzler Gerhard Schröder weiterhin nach Möglichkeiten, ein Verbot der rechtsextremen NPD zu erwirken. „Es wird zu prüfen sein, ob es eine Chance gibt, die Justiz von der Notwendigkeit eines Verbots dieser Partei zu überzeugen“, sagte Schröder am Montag in Berlin. Zwar sei die Skepsis nach dem vor dem Bundesverfassungsgericht gescheiterten Verbotsantrag berechtigt. Es müsse jedoch mit allen politischen Mitteln ein entschiedener Kampf gegen Rechtsextremisten geführt werden.

Auch Bundesaußenminister Joschka Fischer erklärte vor der UNO in New York, jeder Form von Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit „mit aller Entschlossenheit und der ganzen Härte des Gesetzes“ entgegenzutreten. Anlass der Rede war die Sondersitzung der UN-Vollversammlung zur Befreiung der nationalsozialistischen Vernichtungslager vor 60 Jahren.

Dagegen sieht Innenminister Otto Schily derzeit keine Aussicht für einen neuen Verbotsantrag. Er kündigte einen Vorstoß für eine Verschärfung des Versammlungsrechts an. Im taz-Interview trat dem Verfassungsrichter Hans-Joachim Jentsch entgegen: „Die Anforderungen an Verbotsanträge sind nach dem März 2003 dieselben wie vorher.“ Mit Blick auf Schily fügte der Richter an: „Es gibt keinen Grund dafür, beleidigt zu sein.“ Die Dresdner Staatsanwaltschaft hat gestern Ermittlungen gegen die sächsischen NPD-Abgeordneten Jürgen Gansel und Holger Apfel abgelehnt. Beide seien als Volksvertreter durch das Prinzip der Indemnität geschützt, erklärte Oberstaatsanwalt Andreas Feron. Die Indemnität (nicht Immunität) schützt die freie Debatte im Parlament. Ausgenommen sind vom Indemnitätsschutz laut Landesverfassung nur „verleumderische Beleidigungen“. Die von der NPD vorgenommene Gleichsetzung der alliierten Bombenangriffe mit der Judenvernichtung durch die Nazis („Bomben-Holocaust“) könnte strafrechtlich allenfalls als „Volksverhetzung“ bestraft werden. Vor solcher Strafverfolgung will die Indemnität aber gerade schützen. SPD, Grüne und CDU erklärten gestern ihren Willen, eine für den 60. Jahrestag des Kriegsendes geplante Demonstration der NPD am 8. Mai unter dem Brandenburger Tor in Berlin zu verhindern. CHR, GB

inland SEITE 8