Hans Eichel spart am Rußfilter

Der Bundesfinanzminister verweigert dem Umweltministerium Termin zur Vorbereitung der steuerlichen Förderung von Dieselfiltern. Ohne diese werden laut Schätzungen noch 5 Millionen Krebs erzeugende Diesel auf den Markt kommen

VON MATTHIAS URBACH

Eigentlich sollte es die steuerliche Förderung von Dieselrußfiltern längst geben. Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) hatte das Grundkonzept schon im April vorgelegt. Im Sommer hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) eine Förderung in Aussicht gestellt, sobald die EU-Kommission einen Grenzwertvorschlag vorlege. Das ist inzwischen passiert. Doch das Projekt kommt nicht voran. Schuld ist offenbar das Finanzministerium: „Hans Eichel steht fürchterlich auf der Bremse“, erregen sich Umweltpolitiker der Koalition gegenüber der taz.

Obwohl das Konzept im Hause Trittins entwickelt wurde, hat der grüne Minister in Steuerfragen kein Initiativrecht im Kabinett – das liegt allein bei Eichel. Doch dessen Ministerium legt nichts vor. Dabei warnt auch Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Fachhochschule Gelsenkirchen, dass die fehlende Regelung „den Automarkt bremst und bei den schnell steigenden Dieselanteilen die Reduktion von Gesundheitsrisiken verhindert“. Ohne Förderung, so Dudenhöffer, der auch Geschäftsführer von B&D-Forecast ist, würden bis 2010 (wenn der Rußfilter wohl Pflicht wird) zusätzlich „über 4,75 Millionen Diesel-Pkws ohne Partikelfilter auf die Straße kommen“. Zum Vergleich: Anfang 2004 waren 8,4 Millionen Diesel-Pkws unterwegs.

Vielleicht werden es sogar noch mehr. Denn einige Autohersteller haben Probleme, der Nachfrage nach Partikelfiltern zu entsprechen. Audi erzählt seinen Kunden laut einem Spiegel-Bericht, dass es womöglich bis 2005 dauere, bis bereits bestellte A3-Modelle mit Partikelfilter ausgeliefert werden. Und Golf-Kunden hören von VW, mit Partikelfilter sei der Wagen erst zur zweiten Jahreshälfte lieferbar.

Die Rußpartikel belasten die Gesundheit erheblich. „Würden alle Dieselfahrzeuge in Deutschland mit Rußfiltern ausgestattet, würde die Zahl der Verstorbenen pro Jahr um 10.000 bis 19.000 zurückgehen“, schätzt Erich Wichmann, Institutsleiter des Helmholtz-Forschungszentrums für Umwelt und Gesundheit. Durch die Partikelfilter würde die Lebenserwartung der Deutschen um ein bis drei Monate steigen. „Wir warten dringend darauf, dass der Rußfilter endlich kommt“, sagt Wichmann.

Nach Trittins Plänen würde jeder, der ein neues Auto mit Rußfilter kauft oder sein altes nachrüstet, für begrenzte Zeit steuerlich entlastet – bei Neukauf um insgesamt 600, bei Nachrüstung um 300 Euro. Seit die EU-Kommission vor zwei Wochen einen Partikelgrenzwert für die von 2010 an geltende Abgasnorm „Euro 5“ vorstellte, steht einer Förderung nichts mehr im Wege.

Allerdings handelt es sich um eine Ländersteuer. Der Bund kann eine Änderung vorschlagen, braucht aber die Zustimmung der Länder. Deren Umweltminister hatten 2004 Zustimmung signalisiert; bei den Finanzministern ist es schwieriger. Die Steuerförderung beläuft sich auf rund 2,2 Milliarden Euro, allerdings will Trittin sie finanzieren, indem er schmutzigere Modelle stärker belastet – wie das auch bei den bisherigen Steuerförderungen abgasarmer Autos üblich war.

Laut Autoforscher Dudenhöffer ist aber der „psychologische Effekt“ einer Steuerförderung nicht zu unterschätzen: Allein bis 2006 rechnet er mit einem zusätzlichen Absatz von 150.000 Neuwagen. Dadurch würde Eichel allein eine halbe Milliarde Euro Mehrwertsteuer extra einnehmen.