Streit um Völkermord

USA widersprechen UN-Kommission: Doch Genozid in Darfur. Kofi Annan plant Blauhelme für Südsudan

WASHINGTON/NEW YORK ap/afp/taz ■ Die US-Regierung hat der Einschätzung einer UN-Untersuchungskommission zum Kriegsgeschehen im sudanesischen Darfur widersprochen, wonach dort zwar möglicherweise Einzelpersonen „Akte mit Völkermordabsicht“ verübt hätten, aber kein Völkermord stattgefunden habe. „Wir bleiben bei unserer Feststellung, dass in Darfur Völkermord vorgefallen ist“, sagte ein Sprecher des US-Außenministeriums in Washington am Dienstag.

Der Sprecher forderte den UN-Sicherheitsrat auf, ein Sondertribunal für Darfur einzurichten und gegen Sudans Regierung Sanktionen einschließlich eines Ölembargos, Kontensperrungen und Reisesanktionen zu verhängen. Dies müsse zusammen mit der Entsendung von UN-Blauhelmen nach Südsudan geschehen.

Die UN-Untersuchungskommission hatte gefordert, den Internationalen Strafgerichtshof mit den Kriegsverbrechen in Darfur zu beauftragen. Dies lehnt die US-Regierung ab. Schärfere Sanktionen finden hingegen Zustimmung seitens des UN-Generalsekretärs Kofi Annan. Dieser legte am Dienstag dem Sicherheitsrat ein Konzept für eine Friedenstruppe für Südsudan vor. Annan schlägt kleinere Einheiten von Friedenssoldaten mit insgesamt 5.070 Soldaten vor, eine Schutztruppe aus 4.150 Soldaten sowie 755 Polizisten, 750 Militärbeobachter und 160 Offiziere – insgesamt 10.130 Mann. Annan forderte ein „angemessenes Mandat“ für die Truppe. Der UN-Sicherheitsrat will sich Ende dieser Woche mit Sudan befassen.

Zwei US-Kongressabgeordnete der regierenden Republikanern forderten unterdessen Annans Rücktritt, weil die UNO nichts gegen die Gewalt in Darfur unternehme. „Wir können nicht länger warten“, sagte Senator Sam Brownback. Sein Kollege Frank Wolf aus dem Repräsentantenhaus meinte, Annans Rücktritt würde den Sicherheitsrat so schockieren, dass er sich zum Handeln gezwungen sähe. „Aus Protest zurückzutreten ist ein Akt großer moralischer Führung“, sagte Wolf. Von eigenen Rücktrittsabsichten des Abgeordneten ist nichts bekannt.

Beide Seiten im Darfurkrieg wiesen unterdessen den UN-Bericht zurück. Die Untersuchung sei „emotional, nicht realistisch“, sagte Sudans Justizminister Ali Mohammed Osman Yassin. Die Rebellenbewegungen SLA (Sudanesische Befreiungsarmee) und JEM (Bewegung für Gerechtigkeit und Gleichheit) sagten, es habe in Darfur sehr wohl ein Völkermord stattgefunden. D.J.