Drogenfahnder kommen noch mal vor Gericht

Korruptionsprozess gegen drei LKA-Beamte muss wiederholt werden. Bundesgerichtshof hebt Freispruch zum Teil auf. Die Drogenfahnder sollen von einem für das LKA arbeitenden Dolmetscher zu Reisen eingeladen worden sein

Der Korruptionsprozess gegen drei Polizeibeamte muss vor dem Berliner Landgericht wiederholt werden. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Leipzig gestern entschieden. Das Landgericht hatte die 35 bis 46 Jahre alten Beamten freigesprochen. Den Drogenfahndern des Landeskriminalamtes (LKA) wird vorgeworfen, von einem ihrer Dolmetscher Einladungen zu Auslandsreisen angenommen zu haben und dafür falsche Honorarabrechnungen akzeptiert zu haben. Der Landeskasse soll so zwischen 1998 und 2002 ein Schaden von rund 440.000 Euro entstanden sein.

Auf Einladung des Türkisch-Dolmetschers Kemal E., der beim Drogenreferat des LKA abgehörte Telefongespräche übersetzte, sollen zwei Beamte 1998 zu einem Basketballspiel nach Chicago geflogen sein. Ihr Vorgesetzter soll mit seiner Frau zu Reisen nach Kitzbühel und Prag eingeladen worden sein. Nach seinem überraschenden Geständnis, jahrelang Übersetzungsarbeiten für das LKA falsch abgerechnet zu haben, war Kemal E. im August 2003 zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Die Polizisten wurden damals jedoch freigesprochen. Dagegen war die Staatsanwaltschaft in Revision gegangen, weil das Urteil lückenhaft und widersprüchlich sei. Diesem Argument ist der BGH gestern teilweise gefolgt. Auch wenn die Kriminalbeamten die ausgelegten Kosten später zurückgezahlt hätten, heißt es aus Leipzig, so sei hierin doch „eine Vorteilsnahme zu sehen“.

Begonnen haben soll die „Dolmetscher-Affäre“ bei den Drogenfahndern des LKA nach Informationen der taz bereits 1995 mit einer großzügigen Computer-„Leihgabe“ für die Drogenermittler der notorisch finanzschwachen Berliner Polizei. Damit, so hatte Kemal E. in seinem Prozess erklärt, habe er der harten Konkurrenz unter den Dolmetschern „entgegentreten“ wollen. Für die Polizeibehörde schien der Abschluss der Computer-Leihverträge durchaus vernünftig, denn an einer ausreichenden Technik fehlte es ihr seinerzeit. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft, die im Sommer 2001 nach einem Hinweis eines anderen Übersetzers zunächst Ermittlungen gegen Unbekannt einleitete, wurde das Verhältnis zwischen den beschuldigten Beamten und ihrem Dolmetscher mit der Zeit allerdings sehr eng. So seien eingereichte Rechnungen äußerst großzügig abgezeichnet wurden.

Unabhängig von dem gegenwärtigen Korruptionsprozess gegen die drei beschuldigten Kriminalbeamten ermittelte die Staatsanwaltschaft seinerzeit auch gegen den damaligen Polizeipräsidenten Hagen Saberschinsky, seinen Vize Dieter Schenk und den Leiter des LKA, Hans Ulrich Voß. Diese hatten die Verträge formell geschlossen. Ihnen wurde vorgeworfen, sich ebenfalls schuldig gemacht zu haben, da sich aufgrund einer Gesetzesänderung von Mitte der 90er-Jahre ein Beamter auch dann strafbar mache, wenn er keine persönlichen Vorteile, sondern nur solche für seine Behörde annehme. Die Innenverwaltung, so die Staatsanwälte, hätte den PC-Einsatz ausdrücklich genehmigen müssen.

Tatsächlich wurde das Leihangebot zuvor jedoch sowohl vom Rechtsreferat wie auch vom Stab des Polizeipräsidenten geprüft. Zudem wurden Datensicherungsstandards entwickelt, die von der Innenbehörde auch „vor Ort geprüft“ wurden, wie es aus Polizeikreisen heißt. Aufzuklären ist der Vorgang wohl nicht mehr, da der betreffende Mitarbeiter inzwischen verstorben ist und entsprechende Unterlagen nicht mehr auffindbar sind, wie Innensenator Ehrhart Körting (SPD) schon Anfang 2003 erklärte. Das absurde Verfahren gegen die ehemalige Berliner Polizeispitze dauert nach Auskunft eines Betroffenen indes ebenfalls noch an. OTTO DIEDERICHS