Frisches Geld für lokale Marktwirtschaft

In Prenzlauer Berg kann nicht nur mit Euro, sondern auch mit dem „Berliner“ bezahlt werden. Die lokale Währung soll das Gewerbe im Kiez fördern und unterstützt nebenbei noch gemeinnützige Projekte. In Bayern ist regionales Geld längst etabliert

VON ALEXANDRA RAETZER

Eine Kreditkarte hat die Maße 8,6 auf 5,4 Zentimeter. Sie passt in jeden Geldbeutel und ist weltweit gültig. Der „Berliner“ ist 14,8 Zentimeter lang, 6,7 breit und gilt nur in ganz bestimmten Läden. Dennoch soll der in den Farben Blau, Orange und Grün erhältliche Schein ein Erfolg werden. Der „Berliner“ ist in diesem Fall kein zuckrig-klebriger Pfannkuchen, sondern das neueste Rezept aus dem Gemeinsam-sind-wir-stark-Kochbuch, kreiert in Prenzlauer Berg. In Zeiten, da das Warenangebot dank Billig-Discountern den Kunden schier erschlägt, sollen Qualitätsbewusstsein und die Identifikation mit dem Besonderen des eigenen Kiezes das Verbraucherverhalten bestimmen.

45.000 Wertgutscheine hat die Bundesdruckerei angefertigt. Seit gestern ist die neue Regionalwährung im Umlauf. „Berliner willkommen!“ steht am Eingang der Zimmerei Ökobau in der Fehrbelliner Straße, das gleiche Schild findet sich an derzeit 36 Schaufenstern in Prenzlauer Berg und anderswo. Ob Brot aus dem Biomarkt, Bier in der Kneipe, Duftkerzen aus der Drogerie oder Klamotten aus zweiter Hand – in den beteiligten Geschäften kann man ab sofort mit dem „Berliner“ bezahlen. Und unterstützt damit nicht nur die lokale Wirtschaft, sondern auch gemeinnützige Projekte.

Erfinder des neuen Geldes ist der Verein Berliner Regional, den die Grüne Liga, ein kurz nachdem Mauerfall im Osten gegründetes Netzwerk der ökologischen Bewegung, ins Leben gerufen hat. Das Büro der Liga fungiert als Wechselstube. „Für 50 Euro bekommt man 50 ‚Berliner‘, wer mehr eintauscht, bekommt je 50 Euro einen ‚Berliner‘ als Bonus dazu“, erklärt Angelika Grigoleit vom Berliner Regional. Scheine gibt es in den Werten 1, 5 und 10. Mikroschrift, Silberfolie, Einstanzung und Volltonfarbe sollen die Regionalwährung vor schnöder Fälschung bewahren.

Damit die lokale Wirtschaft schnell angekurbelt wird, verlieren die „Berliner“ nach einem halben Jahr ihre Gültigkeit. Wer diese Frist verpasst, kann zwar innerhalb von drei Monaten abgelaufene „Berliner“ in gültige umtauschen. „Dabei wird aber eine Umtauschgebühr von 2 Prozent fällig, die der Finanzierung des Gutschein-Netzwerks dient“, sagt Angelika Grigoleit. Wer den „Berliner“ in Euro rücktauschen will, zahlt gar 5 Prozent Gebühren. 3 Prozent der Rücktauschsumme gehen an gemeinnützige Einrichtungen. Unterstützt werden derzeit eine Kita, die Grüne Liga und der Verein Euro Regional selbst.

Ziel von Berliner Regional ist es, Kunden an kleine Läden im Kiez zu binden und den Austausch der Gewerbetreibenden untereinander zu stärken. Um den Kreislauf zu schließen, sollen in Zukunft auch regionale Hersteller für den „Berliner“ begeistert werden.

„Es wäre natürlich gut, wenn wir auch bei unseren Großhändlern mit dem Berliner einkaufen könnten“, findet Jeannette Hauert von der Food Company, einem Naturkostladen in der Fehrbelliner Straße. Sie ist zuversichtlich, dass die lokale Währung von den Kunden gut angenommen wird: „Das ist was Neues, und was Neues ist ja immer auch schick und wird ausprobiert.“

Ausprobieren wird die neue Währung auch Carola Grimm, Anwohnerin in Prenzlauer Berg. „Ich kaufe sowieso nur in Bioläden und kleinen Geschäften, mit denen sich Leute eine Existenz aufgebaut haben.“ Die Idee, mit dem „Berliner“ die Infrastruktur der Quartiers zu stärken, findet die 39-Jährige sehr gut. Neulich sei sie am Chiemsee gewesen. Dort werde die Regionalwährung „Chiemgauer“, die dem „Berliner“ Modell stand, selbst in konservativen Geschäften akzeptiert. „Da ist es ganz normal, dass man den Apfelsaft bei dem kauft, der die Äpfel hat.“

www.berliner-regional.de