Nächste Haltestelle „Millionenbetrug“

Eine Bürgerinitiative bietet eine aufschlussreiche Busrundfahrt zu den Orten des Bankenskandals an. Die Tour zu Grunewald-Villen, Bankgebäuden und leer stehenden Residenzen mehrt das Wissen darüber, was in Berlin möglich ist

Die Zukunft Berlins liegt im Tourismus. Was unter Wirtschaftsexperten ein Allgemeinplatz ist, haben auch Aktivisten erkannt, die gegen die Folgen des Bankenskandals mobilmachen. Die Idee: Sie bieten eine ganztägige Bustour an Orte des Skandals, der durch die risikoreichen Immobilienfonds der Bankgesellschaft ausgelöst wurde und den Haushalt der Stadt milliardenschwer belastet. Mit der Busexkursion wird das Ausmaß des Skandals anschaulich. Die Tour kostet 15 Euro und findet das nächste Mal am Samstag, den 19. Februar statt.

Die Bustour beginnt am Franz-Mehring-Platz in der Nähe des Ostbahnhofs in Friedrichshain. Hier residiert die PDS-nahe Rosa-Luxemburg-Stiftung in einem alten Bürohaus, in dem zu DDR-Zeiten das Neue Deutschland untergebracht war. In einem Raum im 4. Stock gibt Tourleiter und Buchautor Mathew D. Rose einen Überblick über die Gründung der Bankgesellschaft und die Kernpunkte des Skandals. Der Besucher – rund 30 Menschen sind bei der Tour dabei – hat aus dem Fenster einen schönen Überblick über Industriebrachen. Schon nach wenigen Minuten wird deutlich: Weit größere Trümmer hat die Politik der Bankgesellschaft gebracht, die am Alexanderplatz residiert.

Dorthin geht es als Erstes. Auf der Fahrt erzählt Rose, der Manager, Politiker, Wirtschaftsprüfer und das Land zu den Profiteuren der Bankgründung zählt, Anekdoten aus der Zeit der Gründung der Bank kurz nach der Wende. Damals sei die Berliner Bank (BB), später Teil des mehrheitlich landeseigenen Bankkonzerns, in der Branche „banque de blamage“ genannt worden.

Unter den Linden hält der Bus nicht wie andere Stadtrundfahrten etwa vor der Neuen Wache, sondern vor dem Gebäude der ehemaligen französischen Botschaft. Auch dies sei ein „typisches Verlustgeschäft“ für die Bank gewesen, so Rose. Der bekannte Baulöwe Jürgen Schneider habe das Gebäude für 120 Millionen Mark gekauft und an eine Scheinfirma in Belgien für 220 Millionen verkauft – und sich das Geschäft von der Bankgesellschaftstochter Berlin Hyp finanzieren lassen. Weiter geht’s: In Wilmersdorf sieht der Bustourteilnehmer kaum vermietete Häuser, die in die Immobilienfonds der Bank verschoben wurden, am Ku’damm ist eine Seniorenresidenz zu bewundern, in der ein Großteil der Klingelschilder nicht belegt ist. Vorbei geht es auch am Hauptgebäude der Berlin Hyp, der Landesbank und Bankervillen im Grunewald.

Wenn der Reiseleiter während der Fahrt einmal Redepause macht, können einem die Worte des holländischen Humanisten Erasmus von Rotterdam um 1500 in den Sinn kommen, die Mathew D. Rose in seinem Buch „Eine ehrenwerte Gesellschaft“ zitiert: „Stiehlt einer ein Geldstück, hängt man ihn. Wer öffentliche Gelder unterschlägt, wer durch Monopole, Wucher und tausenderlei Machenschaften und Betrügereien noch so viel zusammenstiehlt, wird unter die vornehmen Leute gerechnet.“ Wer wissen will, wie das heute in Berlin funktionieren kann, sollte Bus fahren. ROT

Infos unter Tel. (030) 28 48 24 69 und www.berliner-bankenskandal.de