Schlinge zahlt für Essen

Eigentlich sollte Christoph Schlingensief die Bewerbung der Stadt Regensburg als Europäische Kulturhauptstadt unterstützen. Und das Ruhrgebietskind machte hemmungslos Werbung – für Essen

„Die dachten alle, der Schlingensief kommt mit Schuhplattlern ins Haus“

VON PETER ORTMANN

Die Regensburger Kulturhauptstadt-Manager brauchten in der Berliner Volksbühne gute Nerven. Sie hätten eine „dilettantische Bewerbung“ und seien vom „Kleinbürgergeist“ beseelt, ließ Christoph Schlingensief am Donnerstagabend wissen. Und: Die Stadt ziehe deshalb ihre Bewerbung zurück. „Es war ja klar, dass so was kommt“, sagt Karlheinz Schmidt, der die Stadt an der Donau 2010 zur Europäischen Kulturhauptstadt machen will. Ausgerechnet das überzeugte Ruhrgebietskind Schlingensief hatten sie sich als Werbeträger eingekauft. Der sorgte bei der „Regensburg-Gala“ im Castorf-Tempel für einen Eklat und warb hemmungslos für Essen als Vertreterin des Ruhrgebiets.

„Keine Chance Regensburg“ hing in Riesenlettern am Theater am Rosa-Luxemburg-Platz. Zahlreiche Honorationen aus Süddeutschland waren entsetzt. „Ich habe natürlich ein Statement für meine Heimat abgegeben“, sagte Schlingensief gestern der taz. Alle hätten wohl gedacht, er käme mit einer Gruppe Schuhplattler ins Haus. Doch er sei als Privatmann da gewesen und den mitgereisten Bergmannschor habe er natürlich aus eigener Tasche bezahlt. Während der sang, verkündete ein Transparent im Saal: „Essen für alle“. „Ich finde das Ruhrgebiet eben toll“, sagt der Ex-Oberhausener lachend. Außerdem habe es heftigen Beifall für die Provokation gegeben. Alles sei geheim abgelaufen. Nur vier Stunden habe er Zeit gehabt, den Coup vorzubereiten.

Im Essener Bewerbungsbüro freut man sich diebisch über die unerwartete Unterstützung. „Wir haben natürlich nichts anderes erwartet, als dass Schlingensief sich für seine Heimat einsetzt“, schmunzelt Chefwerber Jürgen Fischer. Modernität könne man sich eben nicht kaufen.

Allerdings ist das Engagement des Theatermanns nur eine Eintagsfliege gewesen. „Ich werde jetzt nicht mit Fahnen durch das Ruhrgebiet laufen“, sagt Schlingensief. Wenn es mit der Bewerbung klappen würde sei das schön für die Region – wenn man aber nicht Kulturhauptstadt Europas werde, sei das auch egal. Viel wichtiger sei, dass hier Hoffnung geschöpft werde, das es kulturell aufwärts gehe.