Freie Fahrt für freie Radler

In zwei Musterprozessen wehrt sich der Senat nicht länger gegen die Aufhebung der Benutzungspflicht für die Radwege im Heußweg und an der Eppendorfer Landstraße

Der Senat hat den Versuch aufgegeben, Radfahrer im Heußweg und in der Eppendorfer Landstraße auf die Radwege zu zwingen. Wie die Welt am Sonntag berichtete, verzichtet die Innenbehörde darauf, den Instanzenweg gegen zwei Musterklagen von Radfahrern zu Ende zu gehen. Die Behörde will damit einer Niederlage vor dem Oberverwaltungsgericht entgehen. Vor dem Verwaltungsgericht hatten sich die Radler durchgesetzt.

„Eine genaue rechtliche Prüfung hat ergeben, dass die Radwegebenutzungspflicht im Heußweg und in der Eppendorfer Landstraße aufzuheben ist“, zitiert das Blatt den Sprecher der Innenbehörde, Marco Haase. Man werde jetzt bei jedem Einzelfall prüfen müssen, ob die Gefahrenlage eine Aufhebung der Benutzungspflicht zulasse. „Ich gehe davon aus, dass jetzt nicht nur auf dem Heußweg und der Eppendorfer Landstraße die Radwegebenutzungspflicht gekippt wird, sondern auf vielen Straßen mehr“, kommentierte seinerseits der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Klaus-Peter Hesse.

Nach einer Änderung der Straßenverkehrsordnung (StVO) müssen Radler seit dem 1. Oktober 1998 nur noch die Radwege benutzen, die mit einem blauen Gebotsschild gekennzeichnet sind. Andernfalls dürfen Radler auf die Fahrbahn. Eine Benutzungspflicht soll aber nur ausgesprochen werden, wenn der Radweg mindestens 1,50 Meter breit, glatt, übersichtlich, sicher und nicht im Slalom geführt ist.

Nach Schätzung des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) entsprechen 75 Prozent der Hamburger Radwege nicht dieser Vorschrift: Sie sind holperig, unübersichtlich und mit Hindernissen gespickt. Der ADFC hat deshalb insgesamt sieben Widersprüche gegen die Benutzungspflicht unterstützt. Drei davon versuchten die Radler auf dem Klageweg durchzusetzen. Mit Erfolg: Die Benutzungspflicht in der Gertigstraße hob die Behörde auf, bevor es zu einem Urteil in der ersten Instanz kam.

„Die Behörde ist jetzt offenbar einsichtig und bringt den Stein langsam ins Rollen“, freute sich Stefan Warda vom ADFC. Sein Club habe der Verkehrsdirektion der Polizei bereits vor drei Jahren 150 Straßen vorgeschlagen, in denen die Radwegebenutzungspflicht aufgehoben werden sollte. „Von dieser Liste ist fast nichts abgearbeitet“, kritisierte Warda. Er hoffe, dass sich das jetzt ändern werde. Notfalls würden die Radler neue Klagen mit Fristen anstrengen.

Die CDU-Fraktion werde ganz genau beobachten, ob die Zahl der Verkehrsunfälle auf den Straßen ohne Radwegebenutzungspflicht steigen werde, sagte Hesse. Die angekündigte Einzelfallprüfung der Innenbehörde müsse zudem sicherstellen, „dass der mittlerweile verbesserte Verkehrsfluss nicht wieder ins Stocken gerät“. Gernot Knödler