Anschläge auf den Philippinen

Die radikalislamische Abu-Sayyaf-Gruppe antwortet mit drei Bombenanschlägen auf die jüngsten Angriffe der Armee gegen muslimische Rebellen auf der Insel Jolo

BERLIN taz ■ Bei drei Anschlägen sind gestern in den Philippinen nach Agenturberichten mindestens 11 Menschen getötet und 93 verletzt worden. Zwei Bomben explodierten im Süden, wo die Armee auf der Insel Jolo seit voriger Woche eine Offensive gegen Muslim-Rebellen durchführt. Die Kämpfe mit bisher 70 Toten sind die schwersten seit 2001.

In General Santos City auf der Insel Mindanao explodierte am Abend eine Bombe vor einem Einkaufszentrum. Dabei starben 3 Menschen, 20 weitere wurden verletzt. In der 150 Kilometer entfernten Stadt Davao explodierte ein Sprengsatz auf einem Busbahnhof und tötete 5 Personen. Im Geschäftsviertel Makati der Hauptstadt Manila explodierte eine dritte Bombe in einem Bus. Es gab 3 Tote und 60 Verletzte. Die Abu-Sayyaf-Gruppe bekannte sich zu den Anschlägen, die eine Antwort auf die Militäroffensive seien, und drohte mit weiteren Bomben.

Die radikalislamische Gruppe mit mutmaßlichen Verbindungen zum Terrornetzwerk al-Qaida wurde Ostern 2000 durch die Entführung westlicher Touristen nach Jolo international bekannt. Abu Sayyaf („Träger des Schwerts“) rekrutiert sich aus Ex-Kämpfern der Moro National Liberation Front (MNLF) und der Moro Islamic Liberation Front (MILF). Beide kämpfen im Süden der überwiegend christlichen Philippinen für einen muslimischen Staat. Die MILF ist die schlagkräftigste Guerilla des Landes. 2001 schloss sie einen Waffenstillstand mit der Regierung. Friedensgespräche sollten eigentlich bald fortgesetzt werden. Ein MILF-Sprecher warnte gestern vor einem Übergreifen der Kämpfe in Jolo auf die MILF-Hochburg Zentralmindanao.

In Jolo kämpfen Abu Sayyaf und eine MNLF-Fraktion. Die MNLF hatte 1996 einen brüchigen Frieden geschlossen. Die jetzigen Kämpfe brachen aus, nachdem bei einer Razzia Soldaten eine dreiköpfige Familie erschossen hatten. Das Militär behauptet, eine Frau habe das Feuer eröffnet, als Soldaten ihr Haus durchsuchen wollten. Aus Rache stürmten MNLF-Kämpfer einen Militärposten. Das Militär flog Verstärkung ein, belagert inzwischen mit bis zu 4.000 Mann die 100 bis 300 Rebellen und bombardiert täglich ihre Stellungen. 16.000 Zivilisten sind auf der Flucht. SVEN HANSEN