Nicht immer staatstragend

Würdevoll und zerbrechlich: „Le Promeneur du Champ de Mars“ (Wettbewerb) erzählt vom Sterben des Präsidenten François Mitterrand

Es sind die kleinen Szenen, die einen einnehmen. Man mag diesen Mitterrand, wenn er im Winter am Meer steht und dem jungen Journalisten, der seine Memoiren aufschreiben soll, haltlose Ratschläge über die Frauen gibt. Ein alter, sterbender Mann, der die Frauen mochte – der Regisseur Robert Guédiguian lässt die Peinlichkeit dieser Szene voll ausspielen, verleiht Mitterrand in diesem Moment aber auch etwas Kindliches.

Das sind die Augenblicke, in denen glaubhaft wird, dass es in diesem Film um einen ganz konkreten Menschen geht – auch um die Aspekte, die nicht gerade staatstragend sind. Ein ruhiger, genauer Film über das Sterben: So etwas kann ja nur gut werden, wenn es auch ein glaubwürdiger Film über das Leben ist. „Le Promeneur du Champ de Mars“ ist das, was vor allem an Michel Bouquet liegt. Der Schauspieler kann Mitterrand ebenso glaubhaft als würdevollen Bewohner des Élysée-Palastes anlegen wie als zerbrechlichen alten Mann.

Nun war Mitterrand aber auch der Präsident der Grande Nation, und so wird in diesem Film auch die große Geschichte verhandelt. Die Rolle des Sozialismus in der Globalisierung, die Rolle Frankreichs im Zweiten Weltkriegs und vor allem auch die fragwürdige Rolle von Mitterrand in der Vichy-Regierung – bei allen diesen Themen ist der Film zu nah an Mitterrand, um daraus dramaturgische Funken schlagen zu können. So sehr der junge Journalist (Jalil Lespert) sich auch bemüht: Er wird in beinahe jeder Szene von Mitterrand an die Wand gespielt, sodass der Film alles in allem wie ein großes Grabmal für diesen Präsidenten wirkt. DIRK KNIPPHALS

„Le Promeneur du Champ de Mars“: 15. 2., 12 und 18.30 Uhr, Urania; 15. 2., 22.30 Uhr, International; 20. 2., 18.30 Uhr, Urania