Zu Hause bei der Föhnfrisur

Southan Morris’ Dokumentation „George Michael – A Different Story“ (Panorama)

Er ist kein toller Entertainer. Wie er mit seinen alten Kumpels von der Schule vor seinem Elternhaus steht und sich in breitem Cockney an die Kindheit erinnert; wie er im Auto durch Mailand kurvt und von seiner Zeit als Teenie-Idol spricht; wie er mit seinem unruhig zappelnden Exkompagnon Andrew Ridgeley über die ersten verhunzten Top-of-the-Pops-Auftritte scherzt – immer ist George Michael der kernige und erdverbundene Bursche next door.

Vielleicht wollte Southan Morris mit der Dokumentation bloß zeigen, wie wenig sich echte working class people ändern. George Michael, der mit bürgerlichem Namen Panayiotou heißt und von griechischen Einwanderern abstammt, hat zwar seit Beginn der Achtzigerjahre eine aufregende Karriere abgeliefert, ist aber, wie sein Freund Elton John sagt, ein ängstlicher Kerl geblieben, stets „self-cautious“. Sein Stern war nach dem Prozess gegen Sony arg am Sinken. Der Film wurde über weite Strecken gedreht, als nicht klar war, dass „Patience“ 2004 zum No.1-Comeback-Album werden würde. Insofern ist die 90-minütige Personality-Show ein später Triumph für alle Beteiligten – besonders für Andy Stephens, der nicht nur ausführender Produzent war, sondern seit Jahrzehnten Michaels Manager ist. So schnurren noch einmal die großen Erfolge vorbei: Beim Kreischen der Fans zum Wham!-Hit „Everything She wants“ stellen sich einem die Nackenhaare vor Freude auf; und es ist auch schön zu sehen, wie Michael als Reaktion auf seine Verhaftung auf einer Männertoilette in Los Angeles das trotzige Video „Outside“ gedreht hat, in dem sich Polizisten küssen.

Tiefer blickt „A Different Story“ nicht. Sein homosexuelles Outing war kaum der ruhmreiche Kampf, als der er im Nachhinein dargestellt wird. Vielmehr musste Michael reagieren, als die Medien seinen Fall durchhechelten. Dass er vorher nicht mit seinem Schwulsein an die Öffentlichkeit gegangen ist, braucht man ihm ebenso wenig vorzuhalten – rannte er doch in seinen Videos wie eine campe Lichtgestalt in kurzen Hosen herum, mit goldenen Ohrringen, groß wie Duschringe. Den Rest des Films verplappert Michael mit Anekdoten, nur über den Tod seines Freundes Anselmo, der 1993 an den Folgen von Aids starb, gerät er manchmal ins Stocken. Dann sitzt er wieder in einem Virgin-Megastore und gibt Autogramme. Das ist die Routine von Popstars, die man sonst auf VH-1 oder MTV werbeblockhäppchenweise zu sehen kriegt. Morris hat eine ansehnliche Homestory mit inniger Eigenheimkaminfeuer-Atmosphäre geliefert, und Michaels Entenarsch sieht auch klasse aus.

HARALD FRICKE

„George Micheal – a different Story“, 18. 2., 22.30, CineStar 7; 20. 2., 15.30, Colosseum