zwischen den rillen
: Timid Tiger – die neue Kölner Gitarrenpop-Hoffnung

Deutsche Bands, die auf Englisch singen, sind oft schon von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Zu übermächtig sind die erfolgreichen Role-Models aus Großbritannien und den USA. Mehr als ein anständiges Plagiat ist meist nicht drin. Typen, die Armin, Thorsten oder Markus heißen, und von denen man genau weiß, dass sie im wirklichen Leben Deutsch und Geografie auf Lehramt studieren, denen will man nicht vorbehaltlos zujubeln. Weil sie einfach zu nah dran sind am eigenen Leben.

Hinsichtlich der Namen sind Timid Tiger, die große neue Kölner Gitarrenpop-Hoffnung, schon mal klar im Vorteil: Keshav Purushotham heißt beispielsweise der Sänger. Das klingt international. Und tatsächlich: Keshav hat indische Wurzeln, zuhause wurde neben Deutsch immer auch gleichberechtigt Englisch gesprochen. Was erklärt, warum man Timid Tiger erst mal gar nicht anhört, dass sie eine deutsche Band sind: Die Aussprache stimmt.

International und zeitgemäß klingt auch die Musik der fünf Jungs. Dabei geht es weniger darum, Neuland zu betreten. Eher bedienen sich Timid Tiger aus dem Fundus der britischen Swingin‘-Sixties-Beatmusik und des retrospektiven amerikanischen Garagenrocks von heute.

Allerdings mit einer geschmackssicheren Schlitzohrigkeit und dem Talent, das Diebesgut in großartig lässigen Popsongs aufgehen zu lassen, die selten länger dauern als drei Minuten. Keyboarder Evgeni Kouris – auch so ein klingender Name – bringt mit seinen Synthieklängen zudem ein paar willkommene Plastiktupfer in den korrekten Gitarrensound.

Dass Timid Tiger, allesamt smarte, posterkompatible Boys Anfang 20, das Zeug dazu haben, den Provinzialismus zu überwinden und zu einem Popwunder überregionalen Ausmaßes zu erblühen, hat nun auch das renommierte Hamburger Label L‘ Age D‘ Or erkannt. Erstaunlich, denn die Plattenfirma setzt seit den 1990er Jahren weniger auf angloamerikanische Leichtfüßigkeit, als vielmehr auf deutschsprachigen Intellekt. Wenn schon nicht sexy, so waren und sind die Bands der vor mehr als einem Jahrzehnt medial ins Leben gerufenen Hamburger Schule (Tocotronic, Blumfeld, Die Sterne...) zumindest schlau und sagen allerhand wichtige Dinge.

Aber Tanzen ist ja auch wichtig, und das kann man vorzüglich zu Timid Tiger. Der Beweis: die Ende Februar auf L‘ Age D‘ Or erscheinende erste Single „Miss Murray“, ein charmanter, shuffeliger Boogie Woogie, der gleichzeitig ein Vorgeschmack liefert auf das im Mai erscheinende Album. Das wird gerade in London von Phil Vinall gemischt, immerhin ein Starproduzent, der schon mit Größen wie Placebo zusammengearbeitet hat.

Timid Tiger feiern die Single-Veröffentlichung diesen Freitag mit einem Konzert im Kölner Subway. Wer jetzt schon mal abchecken will, ob der demnächst auf uns zukommende Hype gerechtfertigt ist, sollte das Konzert nicht verpassen. Oliver Minck

Tonträger: Timid Tiger & Miss Murray, LADO 17145-3, LC 07008 Konzert: Fr 25.2., 21 Uhr, Subway, Aachener Str. 82-84, Eintritt 6 Euro Die taz verlost fünf Konzertkarten plus Singles an die ersten fünf EinsenderInnen. E-Mail an: verlag@taz-nrw.de (Stichwort: Timid Tiger)