Karnevalsgrüße an Dabbeljuh

Rund 12.000 Demonstranten nehmen am Protestzug gegen den US-Präsidenten teil

MAINZ taz ■ Mit der „Fassenacht“ ist es in Mainz nie vorbei. Die beiden Motivwagen jedenfalls, die gestern bei der Demonstration des Aktionsbündnisses „Not welcome, Mr Bush!“ mitfuhren, hätten auch am Rosenmontag für Furore gesorgt. Da zogen täuschend echte GIs eine Karre mit Ölfässern und Kriegsgefangenen, die pausenlos gepeinigt wurden. Und vorneweg marschierte der uniformierte „Gevatter Tod“. Andere hatten einen Kleinlastwagen mit Pappmaschee zum Panzer umgerüstet. Das Motto: „Von der Achse des Bösen werd’ ich euch erlösen!“ Rund 12.000 Teilnehmer hatte nach Angaben der Veranstalter der Protestzug, der von so genannten Deeskalationsbeamten begleitet wurde, Polizisten in nur leichter Kampfmontur.

Martialisch bekleidete Polizisten gab es allerdings auch. Sie kümmerten sich um die Demonstrationsteilnehmer, die Bush auf Plakaten als „Terrorist Nr. 1“ bezeichneten. Die Staatsanwaltschaft in Mainz, so die Veranstalter vom Lautsprecherwagen aus, habe die Polizei angewiesen, auf entsprechende Beleidigungen des Staatsgastes zu reagieren und eventuell auch Ermittlungsverfahren einzuleiten.

Der Greiftrupp sorgte für viel Unmut unter den fast ausnahmslos friedlichen Demonstranten, von denen einige bei der Gestaltung ihrer Transparente viel Fantasie entwickelt hatten: „In Mainz ist alles anders wie in Amerika. Hier wird der Cowboy von Bullen bewacht“, hieß es auf einem Schild und auf einer anderen Pappe in Anspielung auf die Konsulatsaffäre: „Fischer ist schuld; hier kriegt jeder Verbrecher ein Visum!“

Die Grünen glänzten übrigens mit Abwesenheit. Von den Sozialdemokraten waren nur ein paar Falken gekommen. Anhänger und Aktivisten von Attac, die Mitglieder lokaler und überregionaler Friedensgruppen, viele Autonome, Antiimperialisten und Parteigänger von PDS, DKP und MLPD dominierten den Demonstrationszug.

Der ganze Protest gegen Bush, dem die Redner die ganze Palette der bekannten Vorwürfe – vom „angezettelten Krieg in Afghanistan“ über die „Lüge mit den Massenvernichtungswaffen im Irak“ bis hin zum „blutigen Krieg um Öl und Einfluss im Irak“ – vorhielten, spielte sich gut einen Kilometer Luftlinie vom Schloss ab, in dem die Ehepaare Bush und Schröder gegen 13 Uhr zum Lunch gebeten wurden. Näher herangekommen war am Vormittag nur die von dem US-amerikanischen Philosophen und Straßenmusiker Terry Keegan undogmatisch geleitete Rhythmusgruppe aus Bischofsheim am Main. Deren Mitglieder trommelten sich gegen 10 Uhr in Sichtweite des Schlosses und vor den Absperrgittern der Polizei die Seelen aus den Leibern. Die schwarz gekleideten Beamten griffen aber bald ein und drängten die Musiker und ein paar Punks mit sanfter Gewalt ab. Gerne hätte Keegan, der seit vielen Jahren in Deutschland lebt, seinem Präsidenten etwas zugerufen: „Mehr Demokratie wagen!“ etwa. Auf dem Plakat der Gruppe aber stand: „Bush swim home!“ Dazu sangen alle: „… and sink like a stone!“

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT