Schalker Standrecht

Trotz des hohen Schuldenstandes bestreitet die Führung von Schalke 04 existenzbedrohende finanzielle Probleme

GELSENKIRCHEN taz ■ Es war offensichtlich ein schmerzhafter Treffer gegen die Festung, die Rudi Assauer in Gelsenkirchen errichtet hat. Etwas Schlimmeres als das, was Karlheinz Küting im Wirtschaftsmagazin Focus-Money behauptet, lässt sich gegenwärtig kaum über einen Fußballverein in Deutschland sagen. Die finanzielle Lage des Fußballunternehmens Schalke 04 sei „noch katastrophaler“ als die des wankenden Nachbarn Borussia Dortmund, hatte der Professor vom Institut für Wirtschaftsprüfung der Universität des Saarlandes verkündet. Assauer konterte ähnlich heftig: „Im Grunde muss der für diesen Vergleich standrechtlich erschossen werden“, sagte der Schalker Manager.

Dennoch sahen sich die Schalker am Tag vor dem heutigen Uefa-Cup-Rückspiel gegen Schachtjor Donezk (18 Uhr, ARD) veranlasst, ihre gesamte Finanzkompetenz mitzubringen auf die turnusmäßige Pressekonferenz. Finanzchef Josef Schnusenberg, Geschäftsführer Peter Peters, Teammanager Andreas Müller und eben Assauer, der Chef, saßen auf dem Podium und wehrten sich gegen die Vorwürfe: „Wir haben keine finanziellen Schwierigkeiten und wir werden auch zukünftig keine haben“, verkündete Schnusenberg stark errötet, fügte aber hinzu: „Es sei denn, wir haben keinen sportlichen Erfolg.“ Die Liquidität sei nicht gefährdet und die Investoren, die Banken, die die Kredite für den Arena-Bau gewährten, sowie Finanzmakler Stephen Schechter seien „hoch zufrieden“ mit Schalke 04.

Einräumen musste Schnusenberg aber erneut 16,8 Millionen Euro Verlust für das Jahr 2004. Schon 2003 hatte sich der Fehlbetrag auf 19 Millionen Euro belaufen und wurde nur mit Hilfe eines dubiosen Deals mit der Stadt, die dem Klub das alte Parkstadion für einen Euro überlassen hatte, auf rund vier Millionen reduziert. Der Schuldenstand des Klubs beläuft sich damit auf 110 Millionen Euro, die Kredite für den Arena-Bau sind da noch nicht einmal enthalten. Die laufen über die Betriebsgesellschaft, eine Tochter des Klubs, auch hier müssen noch weit über 100 Millionen Euro getilgt werden.

Die Verluste dürften deshalb keine Sache auf Dauer sein, gab Schnusenberg zu, er zeigte sich allerdings zuversichtlich, dass bald wieder Gewinne erzielt werden. Wie, wusste er indes nicht genau zu erklären, erstmals gaben die Schalker Macher zu, dass dies jedenfalls nicht über eine höhere Auslastung der Arena möglich sei. Auf dem Markt der Veranstaltungsarenen ist der Konkurrenzkampf nicht zuletzt durch das neue Stadion in Düsseldorf äußerst hart geworden. Man ist also abhängig vom internationalen Geschäft – so hat auch das Dortmunder Desaster angefangen. Der eingeschlagene Weg ist vergleichbar, nur wie weit die Schalker ihn schon gegangen sind, lässt sich wohl erst erkennen, wenn ein versierter unabhängiger Finanzkenner einen umfangreichen Einblick in das Geflecht aus 17 Tochtergesellschaften erhalten hat. Geschäftsführer all dieser Töchter ist übrigens Rudi Assauer.

Die Äußerungen Schnusenbergs lassen darauf schließen, dass man neue Geldquellen auftun muss. Der Finanzchef schloss nicht mehr aus, den Namen des Stadions zu vermarkten, und kündigte an, dass man dringend auch „den Posten der Sponsoring-Einnahmen“ verbessern müsse. Man wird sehen, wie die Bilanz für 2004 aussieht, diese wird nämlich im Gegensatz zu jener von 2003 wieder publiziert, wie die Schalker ankündigten. Trotzdem bleibt es aber möglich, im Geflecht der Schalke-Töchter an der Bilanz herumzudoktern, und deshalb kann weiter spekuliert werden über die wahren Ausmaße der Situation beim am höchsten verschuldeten Klub der Bundesliga.

DANIEL THEWELEIT