Blumige Warnungen vor „Tulpenrevolution“

Kirgisiens Opposition blickt vor den morgigen Wahlen neidisch auf die Ukraine. Aber die Regierung sitzt fest im Sattel

TASCHKENT taz ■ Wird es nach der „Nelkenrevolution“ in Georgien und der „Revolution in Orange“ in der Ukraine nun in Kirgisien eine „Tulpenrevolution“ geben? Diese Blume hat sich eine der Oppositionsparteien als Symbol gewählt, und die Studentengruppe KelKel (Renaissance), gegründet nach dem Vorbild der ukrainischen „Pora“, trägt Gelb, um die Parallelen zu den Massenprotesten in der Ukraine zu betonen. Im Wahlkampf ließ der kirgisische Präsident Askar Akajew kaum eine Gelegenheit aus, um vor einem „Chaos“ wie in der Ukraine zu warnen.

Aber obwohl es im Vorfeld der Parlamentswahlen am Sonntag Demonstrationen gab, sehen viele Beobachter die Regierung des zentralasiatischen Landes nicht in Gefahr. Weil die Opposition keinen einheitlichen Block gebildet hat, viele Kandidaten im Wahlkampf auf Stimmenkauf gingen, und viele Wähler nach ihrer Clanzugehörigkeit abstimmen, sieht Tursunbai Bakir Uulu, Obmann der kirgisischen Menschenrechtskommission, sogar die Regierung ihre Parlamentsmehrheit vergrößern: „Die Wähler achten nicht auf die Reden der Kandidaten. Sie achten darauf, ob die Kandidaten reich sind und ihr Geld in ihrem Wahlkreis einsetzen können. Die Leute werden mehr Geschäftsleute und derzeitige Regierungsvertreter und weniger Oppositionskandidaten ins Parlament wählen.“

Die Opposition wirft der Regierung vor, die Registrierung vieler ihrer Kandidaten verhindert zu haben. Der prominenteste Fall ist der der vormaligen Außenministerin und heutigen Chefin das Ata-Jurt-Parteien-Bündnisses, Rosa Otunbajewa. Zuletzt war sie Botschafterin in verschiedenen Ländern und durfte wegen eines 2004 verabschiedeten Gesetzes, nach dem Kandidaten die letzten fünf Jahre vor den Wahlen in Kirgistan gelebt haben müssen, nicht an der Wahl teilnehmen. Ende Januar änderte zwar das Parlament diese Bestimmung, Präsident Askar Akajew verweigert ihr jedoch seine Unterschrift. Besonders pikant daran ist, dass Otunbajewa im Wahlkreis der Bischkeker Universität antreten wollte, in dem sich auch die Tochter des Präsidenten, Bermet Akajewa, zur Wahl stellt. Da Präsident Akajew bisher ausschließt, selbst zu den Präsidentschaftswahlen im Oktober anzutreten, gelten seine Tochter und sein Sohn – auch der tritt bei den Parlamentswahlen an – als potenzielle Nachfolger.

Am Mittwoch gab es erneut Proteste gegen den Ausschluss von Oppositionskandidaten. Rund 3.000 Demonstranten blockierten eine Landstraße im Kochkor-Distrikt südöstlich der Hauptstadt, und auch im Süden in Jalal Abad, und im Osten am Issykulsee kam es zu Protesten.

Offenbar um ein Debakel wie in der Ukraine zu vermeiden, hat Russland, obwohl es traditionell großen Einfluss in Kirgisien hat und die Regierung unterstützt, sich im Vorfeld der Wahlen sichtlich zurückgehalten, und Präsident Putin hat auch die Chefin des Ata-Jurt-Blockes, Rosa Otunbajewa, in Moskau empfangen. Russland hat Kirgisien dennoch fest im Griff. Im Februar beschloss die kirgisische Regierung nach einem Besuch ihres Außenministers in Moskau, die USA keine Awacs-Aufklärungsflugzeuge stationieren zu lassen.

Mit anderen Nationen, die sich an der Internationalen Friedenstruppe (Isaf) in Afghanistan beteiligen, haben die USA dennoch eine Basis auf dem Flughafen von Bischkek. Russische Truppen und Flugzeuge sind östlich von Bischkek auf einem alten sowjetischen Militärflughafen stationiert. PETER BÖHM