Wasserverschwender am Golf denken um

Der Kanzler und Siemens werden den Vereinigten Arabischen Emiraten eine Entsalzungsanlage verkaufen. Der Wüstenstaat verbraucht pro Kopf viermal so viel Wasser wie Deutschland. Jetzt wollen die Scheichs Wasser sparen

BERLIN taz ■ Wenn der Kanzler auf seiner Golfreise am Freitag die Vereinigten Arabischen Emirate besucht, werden Siemensvertreter dort den Bau einer Wasser-Entsalzungsanlage vereinbaren. Davon gibt es bereits etliche in den Emiraten – einem Wüstenstaat ohne Wassermangel.

Dort, wo Geld keine Rolle spielt und der Traum der alten Emire von einem sattgrünen Land wahr geworden ist, ist das Wort „sparen“ fremd. Dank der reichlich sprudelnden Petrodollars müssen sich die rund 4 Millionen Einwohner weder Geldsorgen machen noch auf die Autowäsche verzichten. Ausgerechnet in einer der trockensten Regionen der Erde ist der Pro-Kopf-Verbrauch an Wasser mit bis zu 700 Litern täglich fast viermal so hoch wie in Deutschland, das zu den wasserreichsten Länder der Welt zählt.

„Wir haben jetzt zum Teil ein Überangebot von entsalztem Meerwasser“, erklärt Peter Menche, im größten Emirat Abu Dhabi für die Grundwasserüberwachung zuständig als Projektleiter der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ). Die tritt in diesem Fall als Beraterteam auf – gegen Geld, und nicht wie üblich als Entwicklungshelfer. Zunächst mussten Menche und sein 14-köpfiges Team brauchbare Daten zum Grundwasserverbrauch der Region sammeln. Dies war zuvor nicht geschehen, da jedes Emirat seine eigene Wasserpolitik betreibt. Die Wüstenbewohner, vor knapp einer Generation noch arme Händler und Perlentaucher, betrachten Wasser gemäß dem islamischen Grundrecht als kostenloses Allgemeingut. Dabei ist bereits klar, dass zum Beispiel in Abu Dhabi, dem größten und reichsten der sieben Scheichtümer, an manchen Orten die Trinkwasservorräte in den unterirdischen Kavernen nur noch für zwei oder drei Jahre reichen. Das Öl hingegen wird im Emirat noch rund 80 Jahre weitersprudeln.

Aus einem alten Traum der Unabhängigkeit heraus betreibt das Emirat auch Landwirtschaft. Jede Familie konnte bei der Staatsgründung in den 70er-Jahren Grund und Boden erhalten. Ein Angebot, das tatsächlich von rund 12.000 Farmern genutzt wird – weil der Staat zu überhöhten Fixpreisen die Ernte aufkauft. Die Pflanzen werden sorglos mit dem fossilen Grundwasser begossen, statt dafür entsalztes Meerwasser zu nehmen. Auch Erdöl wird zum Teil mit Grundwasser gewaschen. Erst die GTZ erstellte vor zwei Jahren Daten über die Nutzung und richtete ein Messnetz ein.

Aus den zahllosen Entsalzungsanlagen fließen allein in Abu Dhabi täglich rund 1,1 Millionen Kubikmeter Wasser, eine gewaltige Menge. „Das Salz wird ins Meer zurückgekippt,“ erklärt Menche. Das gewonnene Süßwasser wird zum großen Teil für die verschwenderisch begrünten Städte und Überlandalleen verwendet. Die GTZ schlägt nun vor, dass das entsalzte Meerwasser in großen Pipelines ins Landesinnere gepumpt wird, um dort den Raubbau am Grundwasser zu reduzieren. Geologen haben schon begonnen, solches Wasser gezielt in der Erde versickern zu lassen, um die leeren Kavernen wieder aufzufüllen.

„Mitte der 90er-Jahre begann ein Umdenken,“ sagt GTZ-Mitarbeiter Menche. Die Scheichs hätten im Zuge ihrer Öffnung zum Westen angefangen, sich für Ressourcenmanagement zu interessieren. Auch politische Verpflichtungen ging der Wüstenstaat, in dem noch nie gewählt wurde, ein. So verpflichtete sich Abu Dhabi mit dem Kioto-Protokoll zur CO2-Reduktion. Auch die erste Windkraftanlage der arabischen Halbinsel steht in Abu Dhabi. Dennoch spielen Umweltschutzgedanken nur eine kleine Rolle in der Politik der mächtigen Emire. Die wollen ihre Emirate nun aber im großen Stil für den Tourismus öffnen – für ein Leben in der Zeit nach dem Öl.

ADRIENNE WOLTERSDORF