Die Meysel und die Meisjes

Endlich ist es wieder so weit: Heraus zum soundsovielten Internationalen Frauentag!

Experten gehen davon aus, dass die Agenda a) gefälscht und b) männerfeindlich ist

Der Countdown ist zu Ende, das Warten hat sich gelohnt: Heute ist in Bielefeld, Cottbus und allen anderen Gegenden Deutschlands und der ganzen Welt Internationaler Frauentag. Im Jahre 1921 beschloss die II. kommunistische Frauenkonferenz, dass jeweils am 8. März der schönste Tag im Leben einer Frau sei, und bis heute haben sich alle an diesen schönen Brauch gehalten.

In jedem Land wird der Festtag anders begangen. In China bekommen alle werktätigen Frauen einen halben Tag frei, um für den Weltfrieden außerhalb Chinas zu demonstrieren, anschließend gibt es ein großes Festessen mit den Gerichten 23, 42 und 66, zum Abschluss einen Pflaumenwein aufs Haus.

In den Niederlanden, wo die Frauen offiziell „Meisje“ heißen, werden alle öffentlichen Gebäude und Teller mit sog. „Meisjenknödeln“ geschmückt, die dann von jungen Purschen mit verbundenen Augen und gefesselten Armen „gepflückt“ werden müssen. Was das noch mit fortschrittlicher Frauenpolitik zu tun haben soll, bleibt jedoch schleierhaft.

In Bolivien, Indien und Guatemala hingegen demonstrieren die Frauen für Gleichberechtigung und den Acht-Stunden-Tag. Die Frauen, die in Deutschland für den Acht-Stunden-Tag demonstrieren, werden jedoch sozial geächtet, zu Handlangern des Kapitals erklärt und von den Gewerkschaften schärfstens verwarnt.

Solche Ausrutscher sind allerdings Ausnahmen und nicht die Regel, die ja im Leben einer jeden Frau immer noch eine ganz besondere, hier nicht weiter zu erörternde Rolle spielt. Hauptsächlich soll der Frauentag daran erinnern, dass über fünfzig Prozent der deutschen Bevölkerung aus z. T. sogar sehr gut aussehenden Frauen bestehen. In Würzburg, der Stadt mit dem höchsten Frauenüberschuss Deutschlands, sind es sogar 117 Frauen auf nur 100 Männer. In Würzburg kann Mann sich seine Frau also noch aussuchen, überall anders kommt ja auf einen Mann genau eine Frau bzw. umgekehrt natürlich. Warum das so ist, weiß niemand. Wahrscheinlich eine Laune der Natur, wie alles im Frankenland.

Der Frauentag 2005 findet in Deutschland nicht mit voller Lautstärke statt. Der überraschende Abgang von Inge Meysel, Françoise Sagan und Rudi Moshammer hat dem Damenlager im ablaufenden Geschäftsjahr 2004/2005 schwer zugesetzt. Auf der Agenda für dieses Jahr stehen indessen Hildegard Hamm-Brücher, Hildegard von Bingen und Hildegard von Sinnen, aber echte Experten gehen davon aus, dass diese Agenda a) gefälscht und b) männerfeindlich ist, denn einerseits ist Frau von Bingen schon vor Jahrhunderten eingerückt und andererseits Frau von Sinnen bekanntlich ein nicht umgebauter Mann.

Bundesweit stehen verschiedene spektakuläre Aktionen auf dem Frauenfesttagsprogramm. Im nordschwäbischen Heilbronn am Neckar wollen sich zwischen fünfzehn und sechzehn Uhr einige fröhliche Seniorinnen im Café Romann in der Fußgängerzone treffen, um gemeinsam getrüffelte Arabertorte mit Sahne zu vertilgen und an einer Erklärung zur Frauenfrage zu arbeiten, die alle anderen Erklärungen überflüssig machen soll.

Hoch her geht’s auch in der Frauenhochburg Frankfurt am Main: In der Nikolaikirche wird ein ökologischer, quatsch: ökonomischer Frauengottesdienst durchgezogen, bei dem mitten in der Hl. Wandlung ein als Frau verkleidetes Jesuslein aus dem Tabernakel hüpft.

Die Priester tragen aus Solidarität mit dem anderen, etwas schöneren Geschlecht lange fliederfarbene Kleider mit plissierten Goldborten und verspielten Applikationen und wie immer nix drunter.

In Bielefeld wird das einjährige Bestehen des handvermittelten Frauennotrufs (05 21/12 42 48) gefeiert. Im Berichtszeitraum gingen dort über sechshundert Anrufe ein, zwei davon von Frauen, die sich beim Rückwärtseinparken in der Innenstadt verfahren hatten, der Rest waren alleinstehende besoffene Männer, die sich nach den ortsüblichen Preisen mit und ohne Aufnehmen erkundigen wollten.

Und die FrauenInitiative Cottbus e. V. wird die rückwärtige Wand des FrauenHauses mit einer „sprechenden FrauenTagsTapete“ versehen, auf der „Frauen aller Rassen und Klassen“ ihre Gedanken in Worte, Formen und Farben zu fassen herzlich eingeladen sind; der Aktionstag wird gegen 18.31 Uhr mit einem „FrauenHofFest“ und einem Konzert der Formation „Aryan Skin Grrls“ beendet, auf der Setlist steht allein sechsmal der Cover-Hit „Schni-schna-schnappi, das Frauenkrokodil“.

Vier Städte und vier Beispiele, die zeigen, dass man den Internationalen Frauentag nicht umsonst auf den 8. März gelegt hat, dass man auch mit einer kleinen sinnlosen Einzelaktion im Großen und Ganzen beitragen kann für eine bessere Welt überall in Deutschland – außer in Franken. OLIVIA MARIA SCHMITT