Jobs nicht so wichtig, aber niedrige Steuern

Steuersenkung für Unternehmen wird ein Thema beim Spitzengespräch am 17. März. Ob damit Arbeitsplätze geschaffen werden, ist fraglich. Bundesverband der Deutschen Industrie will bestimmte Firmengewinne entlasten

BERLIN taz ■ Um neue Arbeitsplätze geht es dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) eher nicht. Mit seinem Konzept zur Senkung der Unternehmenssteuern soll stattdessen das „Eigenkapital der Unternehmen gestärkt werden“, heißt es bei den Experten des Wirtschaftsverbandes in Berlin. Nach außen preist der BDI dagegen geringere Steuern als Voraussetzung für neue Jobs. Die vermeintlich zu hohe Belastung der Wirtschaft dürfte auch ein wesentliches Thema beim Spitzengespräch zwischen Kanzler und Opposition am 17. März sein.

„Investitionen sollen wieder in Deutschland stattfinden“, sagt BDI-Sprecher Thomas Hüne. Heute würden viele Unternehmen ihre Fabriken im Ausland bauen, weil dort die Abgaben an den Staat niedriger seien. Das lasse sich ändern, indem man „einbehaltene“ Firmengewinne, die im Unternehmen bleiben, künftig geringer besteuere als „ausgeschüttete“, die die Eigentümer erhalten. Die Logik: Einbehaltene Gewinne finanzieren Investitionen und damit Arbeitsplätze, ausgeschüttete dienen nur dem Konsum und den Aktiendepots der Gesellschafter. Heute müssen die Unternehmen für beide Gewinnsorten einheitlich 25 Prozent Körperschaftsteuer bezahlen. Hinzu kommt die Gewerbesteuer. Die Belastung von insgesamt rund 39 Prozent will BDI-Chef Jürgen Thumann auf 25 Prozent drücken.

Bei genauerem Hinsehen geht es dem BDI freilich nicht um reale Investitionen in Anlagen und neue Jobs, sondern darum, den Unternehmen mehr Geld zu verschaffen – wofür auch immer. „Investitionen am Kapitalmarkt sind auch Investitionen“, heißt es dazu bei den Steuerspezialisten des Verbandes. Auch der Kauf von Wertpapieren oder Aktien könne für Unternehmen sinnvoll sein, um ihre Position am Markt zu stärken. Eine Bindung der Steuererleichterung an Sachinvestitionen lehnt der Verband ab.

Wenn man die Steuer auf einbehaltene Gewinne heute senkte, würden die meisten Firmen natürlich keine zusätzlichen Arbeitsplätze in Deutschland schaffen, sagt Wirtschaftsprofessor Lorenz Jarass von der Fachhochschule Wiesbaden. Dies ließe sich nur dadurch erreichen, dass gleichzeitig die Rahmenbedingungen verändert würden. Heute begünstige der deutsche Staat Investitionen im Ausland steuerlich massiv, während inländische Projekte im Verhältnis dazu benachteiligt seien. Wenn die rot-grüne Bundesregierung die Förderung von Auslandsinvestitionen abbaue, sei eine Senkung der Steuersätze durchaus sinnvoll, so Jarass.

Bei den Grünen heißt es, schon heute seien einbehaltene Gewinne gegenüber den ausgeschütteten bevorzugt. Zu den 39 Prozent aus Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer müsse man noch die Einkommensteuer hinzurechnen, die ein Gesellschafter auf den ausgeschütteten Gewinn zahlen müsse. Um die Wirtschaft zu beleben, schlagen die Grünen stattdessen vor, den im Herbst ausgelaufenen Sonderfonds „Wachstumsimpulse“ der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) neu aufzulegen. Die Kommunen müssten Anreize für Investitionen haben. Dringender Investitionsbedarf bestehe etwa bei der Sanierung von Schulgebäuden. HANNES KOCH