Verbraucherhilfe nur im Flüsterton

Mit einer neuen Produktliste will die Bundesregierung den Kunden die Entscheidung für nachhaltiges Einkaufen erleichtern. Allerdings ist das ehrgeizige Projekt mit zu wenig Klarheit und zu wenig Finanzmitteln ausgestattet

BERLIN taz ■ „Konsum mit Köpfchen“ wünscht sich die Bundesregierung. Deshalb startete sie gestern eine neue Kampagne: EcoTopTen. Verbraucherministerin Renate Künast (Grüne) beschreibt den Sinn so: „Einerseits können sich Verbraucher rasch eine Marktübersicht über nachhaltige und konventionelle Produkte verschaffen. Andererseits werden innovative, nachhaltige Produkte für den Markt entwickelt, die technisch hochwertig sind und ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis haben.“

Was die Ministerin derart wortgewaltig ankündigt, ist im Prinzip ein neues Ranking. Mobilität, Bauen und Wohnen, Strom, Geld, Lebensmittel, TV-Geräte & Co. – in zehn ausgewählten Bereichen will das Öko-Institut Produktempfehlungen abgeben und Top-Ten-Listen erstellen. Diese sollen neben den Ergebnissen anderer Umwelttests auch den Preis und die jährlichen Gesamtkosten berücksichtigen. „Mit Öko allein lockt man keine Kunden“, sagt Rainer Grießhammer, Initiator von EcoTopTen.

Alles Eco also? „Wir wollen uns mit dem Begriff abheben“, sagt die Projektverantwortliche Kathrin Graulich. Eco stamme aus dem Englischen und heiße Öko. 400.000 Euro hat das Bundesverbraucherministerium bis Ende 2006 gestiftet, um den sperrigen Begriff „EcoTopTen“ jetzt als Marke einzuführen. „Nicht viel, deshalb sprechen wir auch von einer Flüsterkampagne“, so Graulich. Man werde „Aktionen starten“, einen Filmspot produzieren, sei auf das „Wohlwollen der Medien“ angewiesen.

700.000 Euro steuert das Bundesforschungsministerium bei. Das Öko-Institut Freiburg wird damit die Einkaufslisten erstellen. Dabei wird es sich auf die Ergebnisse anderer Tests stützen, etwa die Liste der umweltfreundlichsten Autos des Verkehrsclubs Deutschland (VCD). „Kohlendioxidausstoß, Verbrauch, Lärmbelastung, Schadstoffausstoß – während unsere Liste ausschließlich ökologische Aspekte berücksichtigt, bewertet die neue Liste eben auch Komfort und Preis-Leistungs-Verhältnis“, erklärte Gerd Lottsiepen, verkehrspolitischer Sprecher des VCD. Entsprechend findet sich der Listenführer des VCD – der Toyota Prius1 – bei EcoTopTen nur auf Platz 4.

Zum Start präsentiert EcoTopTen neben einem Autoranking auch eine Bewertung von Waschmaschinen, Car-Sharing-Anbietern, Gasbrennwertkesseln und Holzpelletheizungen sowie von Anrufbeantwortern im Netz. Allerdings erscheinen die Listen oft kompliziert. Bei den Waschmaschinen heißt es etwa: Unter den guten Geräten sind keine EcoTopTen-Produkte. „Wollprogramm, garantierte Wassersicherheit oder Mengenautomatik – wir haben bestimmte Kriterien aufgestellt, die eine Waschmaschine erfüllen muss“, erklärt Kathrin Graulich. Derzeit erfülle keine diese. Verwirrend wird das, weil die Liste einige Waschmaschinen führt, die die Stiftung Warentest mit „gut“ bewertete.

Das Freiburger Öko-Institut will es nicht bei der Produktbewertung bewenden lassen, sondern selbst technologische Innovation anschieben. „Zum Beispiel beim Fahrrad“, sagt Grießhammer: Dessen technologischer Standard liege 100 Jahre hinter dem des Autos zurück. „Bremsen, die im Regen versagen, schlechte Lichtsysteme“ – das sind Dinge, deren Behebung sich das Öko-Institut zur Aufgabe gemacht hat: Innovationsziele entwickeln und diese in die Wirtschaft vermitteln. NICK REIMER

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