Leben ohne Geld und Job wird noch härter

Die USA verabschieden ein Gesetz über Privatpleiten, das vor allem großen Banken und Kreditkartenfirmen nützt

NEW YORK taz ■ Das Leben auf Pump gehört in Amerika zum Alltag. Jeder US-Haushalt besitzt im Schnitt zehn Kreditkarten und hat 9.000 Dollar Schulden auf dem Konto. Na und? Wer kein Geld mehr hat, kann persönlichen Bankrott anmelden, die Schulden auflösen und ein neues Leben anfangen. In Zukunft ist das allerdings nicht mehr so einfach.

Ende letzter Woche hat der US-Senat zum ersten Mal seit 27 Jahren ein neues Privatinsolvenzgesetz verabschiedet. Das von Präsident Bush geforderte Gesetz soll Amerikanern den Ausweg aus der Überschuldung erschweren und zum jahrelangen Abstottern eines Teils der Schulden zwingen. Dagegen hagelt es nun in ganz Amerika Proteste.

Die Los Angeles Times nannte das Gesetz eine „gemeine Heuchelei.“ Für die Centre Daily Times im Bundesstaat Pennsylvania handelt es sich um „ein weiteres Geschenk für die Reichen“. Der Wilmington Morning Star machte seinen Lesern klar: „Die Banken gewinnen – ihr verliert.“ Denn die Reform ist ein Sieg für Großbanken und Kreditkartenunternehmen wie JP Morgan Chase, MBNA Corp und die Finanzarme großer Autofirmen wie General Motors und Ford.

Sie kämpfen seit Jahren um strengere Gesetze, damit sie auch weniger zahlungskräftige Kunden zur Kasse bitten können. Schließlich umwerben die Banken ständig hochverschuldete Amerikaner mit neuen Kreditangeboten und Kreditkarten. Je risikoreicher die Kunden, desto höher sind eben auch die Gebühren. Wird eine Rechnung zu spät bezahlt, hauen die Banken noch ein paar Prozente drauf. Am Ende zahlt sich das aus: Mit einem Gewinn von 24 Milliarden Dollar hatte die Kreditkartenbranche im vorigen Jahr die dickste Gewinnspanne seit sechs Jahren.

Gleichzeitig haben sich aber die privaten Bankrotte innerhalb der letzten zehn Jahre verdoppelt – auf 1,6 Millionen. Das schmerzt die Banken. Laut einer Studie der Harvard University sind allerdings Krankheit oder zu hohe Arztrechnungen für die Hälfte aller Privatinsolvenzen der Grund. Der Rest ist wegen Scheidung oder Jobverlust zahlungsunfähig.

Das über 100 Seiten lange neue Gesetz berücksichtigt das alles nicht. Hingegen sollen die Rückzahlungen der Insolvenzanträger durch eine mathematische Formel errechnet werden. Sie bezieht sich auf das Einkommen bei Antragstellung. Wer den Arbeitsplatz verliert oder sonst in Finanznot gerät, hat dann Pech gehabt. HEIKE WIPPERFÜRTH