Der Mann für die großen Fische

Im Zweifel für Engagement und Neugier: Karl Blessing, Chef des Blessing-Verlages und im Hause Bertelsmann für die Bestseller zuständig, ist tot

Karl Blessing war der Mann, der im Bertelsmann-Konzern das große Geld in die Hand nehmen konnte, er war der Verleger der großen Fische. Michael Crichton ist in seinem Blessing-Verlag erschienen, außerdem steht der Name Blessing auf jedem der vielen, vielen Exemplare von Frank Schirrmachers Essay „Das Methusalem-Komplott“ oder Kathy Reichs Krimi „Totenmontag“, nur zwei Beispiele von vielen seiner Bücher, die man aus den Bestsellerlisten kennt.

Das Leben des Karl Blessing kann man sich nicht anders als in Bildern wie aus dem Wunschtraum von jungen smarten Buchkaufleuten ausmalen: häufig nach New York fliegen, einen 20-, 30-seitigen Ausschnitt aus einem Manuskript in die Hand bekommen und dann in einer Stunde überlegen müssen, ob man dafür den horrend hohen Vorschuss riskieren soll; es wird von siebenstelligen Beträgen erzählt. Die Sache ist nun aber die, dass Karl Blessing gar nichts von einem glatten Buchkaufmann an sich hatte – eher war er ein Beispiel für die Ansicht, dass mit dem Umbau der deutschen Verlagslandschaft zu Konzernen die Figur des neugierigen, engagierten Verlegers noch nicht an ein Ende gekommen sein muss. Wenn er auf Buchpräsentationen einen seiner Autoren vorstellte, hat er niemals den Verdacht aufkommen lassen, er würde ein Buch nur zum Geldverdienen machen und nicht etwa deshalb, weil es ihm gefällt. Außerdem hat er, nach allem, was man hörte, in seinem Blessing-Verlag stets unabhängig und ohne Konzerneinflüsse agieren können.

Dass die Literatur seine Leidenschaft war, ersieht man auch aus seinem Lebenslauf. Mit einer Dissertation über Alfred Döblin emanzipierte er sich von seinem Elternhaus; als Spross einer Bankiersfamilie war für ihn eigentlich eine Banker-Laufbahn vorgesehen. Und bevor er 1996 zusammen mit Bertelsmann den Blessing-Verlag gründete, war er Chef bei Droemer – bis er sich, wie man bei seinem Weggang hörte, im Kampf zwischen den Buchkaufleuten und den Lektoren einmal zu viel auf die Seite der Lektoren geschlagen hat.

Neulich hat das Branchenmagazin Buchmarkt ihn noch zum Verleger des Jahres 2004 gewählt. Am vergangenen Samstag ist Karl Blessing 63-jährig gestorben. drk