Das Monster macht Diät

Die Mozilla-Suite wird eingestellt. Dafür soll der Browser „Firefox“ vernünftig weiterentwickelt werden

Überfrachtete Browser-Pakete sind wie das Wunderwerkzeug vom Jahrmarkt, mit dem man Schuhe reparieren, Haken eindübeln und Brot backen kann: Es ist für viele Aufgaben konstruiert, erfüllt aber keine davon richtig. Jeder Profi weiß das und bevorzugt solides Werkzeug. Bei Programmierern dauert dieser Erkenntnisprozess offenbar immer etwas länger, besonders wenn in einer Zeit von Internet-Hype und Browser-Krieg alles unter Druck steht. Auch die Open-Source-Entwickler der Mozilla Foundation haben jahrelang mit angezogener Denkbremse vor sich hin gewurstelt – und aus ihrem anfangs schlanken Browser über fast drei Jahre hinweg mit der Mozilla-Suite ein zwölf Megabyte schweres Monster geschaffen, das in vielerlei Hinsicht Microsoft-Dimensionen annimmt.

Das etwas protzig „Suite“ genannte Paket enthält neben dem Browser noch ein sehr umfangreiches Mailprogramm, einen Composer zum Basteln an der eigenen Homepage und weitere Kleinigkeiten, die für normale User eher uninteressant sind. Von Anfang an war es jedoch der Anspruch des Mozilla-Projekts, auch professionellen Ansprüchen genügen zu wollen. Die Rechnung ging nicht auf – es gab zwar jede Menge Achtungserfolge, aber am Ende hatte Microsoft mit etwa 97 Prozent Browser-Marktanteil weiter die Nase vorn. Erst als im letzten Dezember die erste offizielle Version des neu entwickelten Mozilla-Browsers Firefox herauskam (die taz berichtete am 10. 12. 2004), wachten zuerst die Anwender und dann auch die Programmierer auf. Bis heute haben sich mehr als 25 Millionen Internet-User den vergleichsweise sicheren, aber nach wie vor kostenlosen Browser aus dem Netz geholt und installiert.

Aufgeschreckt durch die hohe Download-Zahl hat die Mozilla Foundation nun angekündigt, dass sich fortan alle Kräfte auf die separaten Kernprodukte, den Browser Firefox und den Mailer Thunderbird, konzentrieren werden und dass die Mozilla-Suite nicht mehr weiterentwickelt, sondern eingestellt wird. Sinnvoll ist das allemal: Webseiten und E-Mail sind zwei grundverschiedene Dinge, und es ist absolut unnötig, ein riesiges Monster-Paket mit unendlich vielen Funktionen von der Festplatte zu laden, wenn man nur mal eben eine Mail schreiben will. Anders als der Browser ist das Mailprogramm ohnehin stark modernisierungsbedürftig, es klebt einfach noch an seinen veralteten Vorbildern Netscape Messenger und Microsoft Outlook Express. Der schlanke Browser Firefox ist jedoch äußerst spannend, seit neuestem gibt’s ein Sicherheits-Update.

Mit der Schlankheitskur verschwindet auch die Verwirrung um die Namen der Ungeheuer. Um Verwechslungen mit der Foundation zu vermeiden, wurde die Mozilla-Suite zwischenzeitlich auch schon mal Seamonkey genannt. Schluss damit: Mozilla heißt fortan nur noch das Projekt. Der Browser heißt Firefox, und Thunderbird ist das Mailprogramm, das man sich zusätzlich oder einzeln installieren kann. DIETER GRÖNLING