„Ein Schlag ins Wasser“

Staatsschutz durchsucht in Hamburg elf Wohnungen im Zusammenhang mit militantem Protest gegen das Wasserturmhotel im Schanzenpark. Vorwurf: „Bildung einer kriminellen Vereinigung“. Polizei sichert bei Beschuldigten DNA-Material

Von Kai von Appen

Im Zusammenhang mit den anschlagartigen Sachbeschädigungen von GegnerInnen des Mövenpick-Hotels im Schanzenpark-Wasserturm hat der Staatsschutz zum Gegenschlag ausgeholt: In den gestrigen frühen Morgenstunden filzten Fahnder des Landeskriminalamts (LKA) elf Wohnungen und Fahrzeuge von vermeintlichen Hotelgegnern wegen des Vorwurfs der „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ (Paragraph 129 StGB). Im Verlauf der Staatsschutzaktion kam es bis zum Abend zu mindestens zwei „Anschlussdurchsuchungen“ mit der Begründung „Gefahr in Verzug“ – also ohne richterlichen Beschluss.

Die richterlichen Durchsuchungsbeschlüsse richten sich gegen sieben Beschuldigte und eine so genannte Zeugin und bezogen sich vor allem auf das „Auffinden von Beweismaterial“, das Rückschlüsse auf militante Aktionen gegen Gebäude, Institutionen oder Repräsentanten der Investoren und Betreiber zulassen. Da vier Beschuldigte Jugendliche sind, wurden auch die elterlichen Wohnungen durchsucht. Besonderes Augenmerk richteten die LKA-Fahnder auf das Auffinden einer bestimmten Sorte von Mineralwasserflaschen, die angeblich bei den Sachbeschädigungen verwendet worden seien.

Die Betroffenen der Razzia – soweit sie angetroffen worden sind – wurden zur erkennungsdienstlichen Behandlung ins Präsidium gebracht und zur Abgabe von DNA-Material gezwungen. „Nach Abschluss der Maßnahmen erfolgt ihre Entlassung, da keine Haftgründe vorliegen“, sagte Polizeisprecherin Ulrike Sweden. „Das sichergestellte Beweismaterial muss noch ausgewertet werden.“

Bei den Durchsuchungen ist laut Rechtsanwalt Andreas Beuth zwar umfangreiches Material wie Computer oder Zeitungsartikel sichergestellt worden – dieses habe jedoch nur „subjektive“ Bedeutung. „Es ist überhaupt nichts Beweiserhebliches gefunden worden“, sagt Beuth weiter. „Es ist ein Schlag ins Wasser.“

Auslöser der Polizeiermittlungen ist offensichtlich ein Anschlag auf das Lübecker Mövenpick-Hotel am 3. März. Damals hatten zwei Jugendliche mit Steinen zwei Fenster eingeworfen sowie zwei Farbbeutel gegen die Fassade geschleudert und waren anschließend festgenommen worden. Während abends auf dasselbe Hotel erneut eine Sachbeschädigung verübt worden ist, kam es in Hamburg gleich zu drei Sachbeschädigungen. So wurde der Carport des Golfhotels in Lemsahl in Brand gesteckt, in dem Caddys abgestellt waren. Auf das Haus des CDU-Schatzmeisters und Warburg-Bank-Chefs, Harald Boberg, der im Herbst 2003 zum Aufsichtsrats-Vorsitzenden des Wasserturm-Investors „Patrizia“ berufen worden ist, wurden Farbbeutel geworfen. Zudem schleuderten Personen mit Farbe gefüllte Flaschen gegen die Fassade des Bezirksamts Eimsbüttel, das für die Genehmigung des Wasserturm-Hotels zuständig ist. Zu einer wohl ebenfalls geplanten Sachbeschädigung auf das Luxus-Hotel Jacobs an der Elbchaussee ist es nicht mehr gekommen.

Obwohl eine Verbindung zwischen den Lübecker und den Hamburger Aktionen nicht erwiesen ist, nahm der Staatsschutz die Lübecker Festnahmen zum Anlass, eine kriminelle Vereinigung zu vermuten, die für alle Sachbeschädigungen verantwortlich zeichnet. Aufgrund dieses Verdachts konnte der Staatsschutz umfangreiche Observationen, eine Handy-Anschluss-Auswertung sowie die richterliche Anordnung zur Entnahme einer DNA-Probe durchsetzen.