Braune Töne lassen T-Com-Kasse klingeln

Die Konsumwelt für den Neonazi-Nachwuchs wächst. Seit einigen Wochen bietet ein Internetshop extreme Handy-Klingeltöne an. Das Geschäft ist brisant: Denn wenn der Neonazi shoppt, klingelt es automatisch auch bei T-Com – in der Firmenkasse

VON ASTRID GEISLER

Wenn beim Nachwuchsglatzkopf in der U-Bahn das Handy klingelt, sollte man ab sofort genauer hinhören: Mit einiger Wahrscheinlichkeit dudelt aus dem Gerät ein Klassiker besonderen Kalibers. Zum Beispiel „Deutsch geboren“ von der Neonazi-Gruppe „Kraftschlag“. Auch der Blick aufs Handy-Display lohnt. Gut möglich, dass dort Rudolf Heß grüßt, dessen Grab in Wunsiedel aufleuchtet, oder ein Panorama-Schnappschuss des „Berghofs“ von anderen Zeiten kündet.

Wo andere Internetfirmen längst Millionen machen, will die braune Lifestyle-Branche nicht zurückstehen. Seit einigen Wochen hat der Hildener Internetshop „RockNord“ sein Sortiment erweitert. Es umfasst neben CDs, T-Shirts oder Parfüm („Walküre – der herbe Duft vom großen Reich“) nun auch Handy-Klingeltöne und -Logos. Kein Zufall, dass Downloads je 88 Cent kosten. Die Acht steht als Neonazicode für H, den achten Buchstaben im Alphabet; 88 heißt nichts anderes als „Heil Hitler“.

Fachleute vermuten, dass es durchaus einen Markt für das Hass-Geklingel gibt, selbst wenn das Handy den Besitzer permanent politisch outet. Die Käufer solcher Angebote seien ohnehin optisch als rechtsextrem zu erkennen, sagt der Berliner Politologe Henning Flad. Außerdem zielten die Offerten auf „den dümmsten Teil der Szene“, der „sich jeden Mist verkaufen lässt“.

Bemerkenswert ist das jüngste braune Shopping-Angebot auch aus einem weiteren Grund: Wenn Neonazis bei „RockNord“ ihr Handy aufrüsteten, gab es bislang einen prominenten Mitverdiener – die Telekom-Tochter T-Com. Vor den „lieben Freunden der patriotischen Musik“ brüstete sich „RockNord“ mit dem innovativen Deal: „Ab sofort“, hieß es auf der Website, „wird Einkaufen im patriotischen Musikbereich neu definiert.“ Dank des Telekom-Bezahlsystems T-Pay müsse niemand mehr Porto zahlen oder Lieferzeiten abwarten.

Ein lukratives Gemeinschaftsgeschäft – denn egal ob Heß-Bildchen für 88 Cent oder Rechtsrock-Album für 8,80 Euro, bei jedem Einkauf flossen bis zu 20 Prozent des Umsatzes direkt an T-Com. Ganz davon abgesehen, dass die Telekom auch für die Installation des Systems kassierte.

T-Com stellt den Deal als bedauerlichen Unfall dar. Hinter dem Firmennamen „RockNord“ habe niemand im Hause ein solches Geschäft vermutet, beteuert ein Firmensprecher. Erst die taz-Recherche habe T-Com darauf gebracht, dass man seit Ende Februar auf diesem Weg an „Adolfs alten Sachen“ mitverdiene.

Nun will T-Com den Vertrag mit „RockNord“ fristlos kündigen. Juristen hätten den Fall übernommen, sagt der Unternehmenssprecher. Da der Vertrag den Handel mit volksverhetzenden Inhalten untersagt, dürfte das Geschäft tatsächlich schnell beendet sein. Zumindest der Hinweis auf T-Pay war gestern schon von der „RockNord“-Seite verschwunden.

Dennoch könnte die Telekombald wieder vom braunen Kommerz profitieren – unfreiwillig, versteht sich. Denn im boomenden Onlinegeschäft schaut das Unternehmen nicht sonderlich genau hin, was die Kundschaft so feilbietet. Generell, erklärt der Sprecher, vertraue T-Com zunächst den Angaben der Vertragspartner. Das dürften die einschlägigen Internethändler gerne hören. Schließlich verkaufen sie ja auch nur Musikdateien, Logos oder Klingeltöne.