Serbien sieht EU-Beitritt in die Ferne rücken

Brüssels Reaktionen auf Kroatiens Umgang mit dem UNO-Tribunal in Den Haag lassen Serbiens EU-Illusionen platzen

BELGRAD taz ■ Der Fall des kroatischen Generals Ante Gotovina hat in Serbien alle Illusionen im Hinblick auf UNO-Tribunal in Den Haag zerstört. Denn der Fall zeigte, dass wer mutmaßliche Kriegsverbrecher nicht verhaftet und dem Tribunal ausliefert, den EU-Beitritt vorerst vergessen kann. Und wenn Kroatien, das beim europäischen Integrationsprozess fortgeschritten ist, die EU schon nicht milde stimmen kann, wird Serbien erst recht nicht auf Gnade treffen.

Die Ergebnis der EU-Durchführbarkeitsstudie für Serbien Ende März und der Beitritt zur Partnerschaft für den Frieden hängen von Belgrads Kooperation mit dem Tribunal ab. Trotzdem weigerte sich Serbiens national-konservativer Premier Vojislav Koštunica, mutmaßliche serbische Kriegsverbrecher verhaften zu lassen und beschränkte sich darauf, die „serbischen Helden“ aufzurufen, sich freiwillig zu stellen. Die Europäer würden schon Verständnis haben für die „heikle Angelegenheit“ haben, die die „Sicherheit Serbiens bedrohen könnte“, lautete das Motto. Zwei gesuchte Generäle leben noch immer unbehelligt in Belgrad. Und was die bosnischen Serbenführer Radovan Karadžić und General Ratko Mladić angeht, geben sich Serbiens Behörden unschuldig.

General Gotovina interessiert die Serben auch wegen seiner Verbindung mit Milorad Ulemek, dem „Legija“ genannten Hauptverdächtigen des Attentats auf Serbiens Premier Zoran Djindjić. Gotovina und Ulemek flohen beide vor dem Krieg wegen Raubes aus Jugoslawien. Beide waren in der Fremdenlegion, beide kehrten als „Patrioten“ zurück und machten Karriere in verfeindeten Streitkräften.

Die Kameradschaft zwischen ihnen habe sich jedoch erhalten, schreibt der Experte für die Unterwelt auf dem Balkan, Milos Vasic, in seinem jüngst veröffentlichtem Buch „Attentat auf Zoran“. Ulemek, Kommandeur einer berüchtigten serbischen Spezialeinheit, soll auf die „Bruderschaft“ der Exlegionäre und den Schutz seines „außerordentlichen Freundes“ Gotovina in der kroatischen Herzegowina gezählt haben, wo er sich nach dem Djindjić-Attentat vor zwei Jahren versteckt haben soll. Die ehemaligen Legionäre und späteren hohe Offizieren der kroatischen Armee wie etwa Gotovina, Ante Roso, Milenko Filipović und Bruno Zorica kontrollierten das organisierte Verbrechen in Kroatien, schreibt Vasic. Sie arbeiteten mit Ulemeks serbischen „Clan von Zemun“ bei Waffen-, Drogen- und Menschenhandel sowie Entführungen zusammen. Ulemek und seine Frau hatten in der Herzegowina auf andere Namen ausgestellte kroatische Pässe.

ANDREJ IVANJI