eine typologie der nebenjobs
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Etwa jeder vierte Bundestagsabgeordnete geht neben seinem Abgeordnetenmandat einem weiteren Beruf nach. Die meisten von ihnen sind Rechtsanwälte, die ihre Mandanten nicht öffentlich nennen müssen.

Doch es gibt auch knallharte Doppelverdiener, bei denen der Interessenkonflikt zwischen Mandat und Nebenjob öffentlich zutage tritt. So zum Beispiel Reinhard Göhner (CDU), Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände und Bundestagsabgeordneter – beides full time. Göhner ist Manager eines der wichtigsten sozialpolitischen Lobbyistenverbände und als Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit zugleich Objekt seiner Lobbyarbeit.

Auch der Unionsabgeordnete Klaus Lippold (nebenstehendes Foto), sowohl Mitglied im Bau als auch im Umweltausschuss, steht auf der Gehaltsliste mehrerer Wirtschaftsverbände. Er ist Geschäftsführer des Industrieverbandes Kunststoffbahnen, der Vereinigung hessischer Unternehmerverbände und der hessischen Sektion des Bundesverbandes der Deutschen Industrie.

Neben den Doppelverdienern sind im Geflecht der Nebentätigkeiten auch Seitenwechsler zu finden, die nach einem herausgehobenen Regierungsposten in die Reihen der Abgeordneten zurückgekehrt sind, ihr Wissen und ihre Kontakte aber nun der Wirtschaft feilbieten. So etwa die ehemaligen Verkehrsminister Matthias Wissmann (CDU, Foto rechts) und Kurt Bodewig (SPD). Wissmann ist Partner der Kanzlei Wilmer, Cutler, Pickering Hale and Dorr. Die Kanzlei hat den Flughafen Zürich in einem Streit um Anflugrechte über deutsches Staatsgebiet vertreten. Kurt Bodewig arbeitet als Berater für die Consulting-Firma KPMG.

Eine weitere Kategorie sind die „Schläfer“, Abgeordnete, deren politisches Amt den Konzernen offenbar keinen direkten Vorteil verschafft, die aber von ihren früheren Arbeitgebern noch gut versorgt werden – möglicherweise als Wechsel auf die Zukunft.

So zum Beispiel die FDP-Abgeordnete Ulrike Flach (nebenstehendes Foto), die bis zum 1. Januar vom Siemens-Konzern ca. 60.000 Euro pro Jahr für Übersetzungsaufgaben erhalten hatte. Ähnlich gelagert ist der Fall Hermann-Joseph Arentz, der mittlerweile zurückgetretene Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA). Er bekam von seinem früheren Arbeitgeber RWE 60.000 Euro jährlich, ohne dafür nach eigenen Angaben eine Gegenleistung zu erbringen.

Arentz und Flach galten als durchaus einflussreiche Fachleute, die Reserve für die erste Reihe. Ihr politischer Mehrwert zahlt sich aber erst aus, wenn sie in Regierungsämter einbiegen. Klar ist: Leisten können sich so ein langfristiges Investment nur Big Player wie RWE oder Siemens.

Hildegard Müller (nebenstehenes Foto) spielte die Rolle des ausbaufähigen Talents, das frühzeitig auf die Gehaltsliste genommen wird. Ihr Arbeitgeber, die Dresdner Bank, förderte den Jungstar der CDU schon, als sie noch Vorsitzende der Jungen Union war. Die Bank spendierte ihr eine halbe Mitarbeiterin, inzwischen arbeitet Müller an einem Erinnerungsprojekt für die Bank. STEP, CIF